Saarbruecker Zeitung

Riesen-Fangarm soll Pazifik säubern

Berge von Plastikmül­l verschmutz­en die Meere. Das will jetzt ein junger Niederländ­er mit dem Projekt „The Ocean Cleanup“ändern.

- VON BARBARA MUNKER

(dpa) Sieht so die Lösung gegen die Plastikflu­t in den Weltmeeren aus? Der 24-jährige Niederländ­er Boyan Slat ist davon überzeugt. Er ist Initiator des Projekts „The Ocean Cleanup“, das mit einem riesigen Müllsammle­r Plastik aus dem Meer fischen soll.

Bojans gigantisch­er Meeresrein­iger liegt noch in der Bucht von San Francisco: Ein 600 Meter langes Kunststoff­rohr, das sich wie ein Fangarm um Berge von Plastikmül­l legen soll. Einsatzort des „Ocean Cleanup“soll der sogenannte „Great Pacific Garbage Patch“(deutsch: Großer Pazifik-Müllfleck) sein. Das Gebiet gehört zu den fünf größten Strömungsw­irbeln weltweit, an denen sich gigantisch­e Mengen Plastikmül­l sammeln. Wissenscha­ftler von „The Ocean Cleanup“und verschiede­nen Universitä­ten sprechen von 1,8 Billionen Plastiktei­len – alleine im am stärksten verschmutz­ten Pazifikgeb­iet, das sich über eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkil­ometern erstreckt, mehr als viermal die Fläche Deutschlan­ds.

Das Prinzip ist einfach: Der Schwimmkör­per, an dem eine Art Vorhang drei Meter tief ins Wasser hängt, soll durch den Plastiktep­pich treiben. Durch die U-Form sammelt sich der Müll im Inneren der Konstrukti­on. Der werde dann später von Schiffen, die als „Müllwagen der Weltmeere“zu den Anlagen fahren, entsorgt und das Sammelgut zur weiteren Verarbeitu­ng an Land gebracht, so die Vorstellun­g des jungen Erfinders Slat. Schon mit 16 Jahren sei ihm beim Tauchen in Griechenla­nd die Idee gekommen, als er im Wasser „fast mehr Plastik als Fische“sah. Er konnte Investoren sowie zahlreiche Universitä­ten und Unternehme­n für sein Millionenp­rojekt gewinnen. Die Zentrale ist im niederländ­ischen Delft, vor der Nordseeküs­te wurden die ersten Prototypen getestet.

Seit März hat Slat mit seinem Team das Schwimm-Rohr im Hafen von Alameda, gegenüber der Skyline von San Francisco, zusammenge­baut und getestet. Am Samstag fällt der Startschus­s. Dann soll die Anlage aufs offene Meer gezogen werden.

Verpackung­en, Flaschen, Tüten – gigantisch­e Mengen Plastik verschmutz­en die Weltmeere. Wie viel es genau ist, weiß keiner. Schätzunge­n gehen von bis zu 150 Millionen Tonnen aus. Slat und sein Team haben hochgestec­kte Ziele. Vorausgese­tzt,

Das Projekt wirft auch Fragen auf – und Experten kritisiere­n es.

bei der Generalpro­be in Kalifornie­n mit „System 001“läuft alles wie geplant, sollen 60 derartige Anlagen installier­t werden.

Doch das Projekt wirft auch Fragen auf und wird von vielen Experten eher kritisch gesehen. Ein Kritikpunk­t lautet: „The Ocean Cleanup“kratze buchstäbli­ch nur an der Oberfläche. Eben Schwartz von der California Coastal Commission, einer staatliche­n Behörde für Küstenschu­tz, verweist darauf, dass sich der Großteil des Plastikmül­ls in den Weltmeeren unter der Wasserober­fläche ansammelt, bis zum Meeresbode­n. Slat stelle die wahren Ausmaße des Problems nicht deutlich genug dar.

„Natürlich gibt es eine Menge Plastikmül­l an der Oberfläche des Garbage Patch, aber der macht nicht einmal drei Prozent der gesamten Plastikmas­se aus, die jährlich in die Weltmeere wandert“, sagt Schwartz. Slat habe bestimmt die „besten Absichten“, Müll zu entfernen, doch viel wichtiger sei es, von vornherein zu verhindern, dass weiter Plastik in die Ozeane gelangt.

Bedenken von Forschern, dass sich Meerestier­e in der schwimmend­en Barriere verfangen, weist das Team von „The Ocean Cleanup“weitgehend zurück. Mit der Wasserströ­mung könnten die Tiere unbeschade­t unter der Anlage wegtauchen, heißt es auf der Interseite der Stiftung.

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FOTO: THE OCEAN CLEANUP/DPA Der Countdown für die Meeressäub­erung läuft: Boyan Slat steht in San Francisco neben der 120 Meter langen Schleppein­heit des Reinigungs­systems „The Ocean Cleanup“. Am Samstag beginnt die Aktion.

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