Saarbruecker Zeitung

Von der Leyen plant Aufrüstung der Bundeswehr

Ministerin von der Leyen beendet die Spekulatio­nen und sagt, wie die Bundeswehr künftig aufgerüste­t werden soll. Die Wünsche reichen bis ins Weltall.

- VON WERNER KOLHOFF Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Joachim Wollschläg­er

BREMERHAVE­N (dpa) Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen will Milliarden für eine umfassende Modernisie­rung der Bundeswehr ausgeben. Nach langen Zeiten des Schrumpfen­s sei man jetzt wieder in einer Zeit des Wachstums, sagte die CDU-Politikeri­n bei einem Besuch in Bremerhave­n. Ihr Modernisie­rungsplan sehe mehr Geld in mehreren Stufen vor: 2019 würden für den Verteidigu­ngsetat 1,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es zur Verfügung gestellt, 2024 bereits 1,5 Prozent. So sollen alle Soldaten jene Ausrüstung erhalten, die bisher nur für Auslandsei­nsätze verfügbar ist.

BERLIN Was bisher nur in groben Zügen durchgesic­kert war, wurde gestern um 15.08 Uhr offiziell bestätigt. Da verbreitet­e das Verteidigu­ngsministe­rium eine Mitteilung über das künftige „Fähigkeits­profil“der Bundeswehr. Darin versteckt ist die Forderung nach einer kräftigen Erhöhung des Wehretats von derzeit rund 43 Milliarden Euro im Jahr auf 60 Milliarden schon bis 2024. Streit in der Groko ist damit programmie­rt.

Angedeutet hatte Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) die wesentlich­sten Elemente der neuen Militärpla­nung bereits seit Monaten. Etwa mit der „Konzeption der Bundeswehr“, die im Mai vorgelegt wurde und erstmals vorsah, Landesund Bündnisver­teidigung wieder gleichrang­ig mit Auslandsei­nsätzen zu behandeln. Konsequenz ist die Aufrüstung vor allem beim Heer, das nach dem Ende des Kalten Krieges massiv abgerüstet worden war. Davor gab es 2016 das „Weißbuch“zur Sicherheit­spolitik, das die neuen Bedrohungs­lagen analysiert­e. Unter anderem aus Russland, aber auch durch asymmetris­che Kriege und im Cyberraum. Aus all dem erstellte Generalins­pekteur Eberhard Zorn jetzt ein detaillier­tes Fähigkeits­profil für die nächste Zukunft. Es ist als geheim eingestuft. Eckpunkte aber teilte von der Leyen gestern mit.

198 000 Soldaten und 61 000 zivile Mitarbeite­r sollen die Grundausst­attung sein, nur wenig mehr als heute. Zudem werden daraus flexibel sogenannte „Missionspa­kete“zusammenge­sellt, zum Beispiel für Auslandsei­nsätze. Neu ist, dass bis 2032 schrittwei­se alle drei Heeresdivi­sionen komplett ausgestatt­et sein sollen. Bisher leihen sie sich Material noch gegenseiti­g aus. Der Ausstattun­gsgrad mit den großen Waffensyst­emen liegt bei maximal 70 Prozent, bei Kampfflugz­eugen, Hubschraub­ern und Kriegsschi­ffen teilweise deutlich darunter. Bis 2023 soll die erste Brigade voll ausgestatt­et sein, als Teil der Nato-Speerspitz­e VJTF. Vier Jahre später sollen drei, 2032 alle acht Brigaden in der Lage sein, das gesamte Aufgabensp­ektrum der Landstreit­kräfte abzudecken. Hinzu kommen vier große Einsatzver­bände der Luftwaffe und 25 Kampfschif­fe plus acht U-Boote. Schon im Aufbau ist eine Cyberdivis­ion. Komplett neu wären Aktivitäte­n im Weltall. So stehen Satelliten zur Früherkenn­ung von Raketensta­rts auf dem Wunschzett­el. Dahinter steht offenbar die Sorge, dass die USA künftig kein so zuverlässi­ger Partner mehr sein könnten.

Der Haushaltsg­esetzgeber habe damit „ein sehr transparen­tes Gesamtbild über die Bedarfe der Bundeswehr, das weit in die Zukunft blickten lässt“, erklärte die Ministerin. Sie selbst blickte nur bis 2024 und nannte 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es als Etat-Ziel. Das wären wohl 60 Milliarden Euro. Die Zwei-Prozent-Forderung des US-Präsidente­n wäre damit freilich immer noch nicht erfüllt.

Schon bei den Koalitions­verhandlun­gen war über den Wehretat heftig gestritten worden. Mit der von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) genehmigte­n Anhebung um 2,5 auf rund 43 Milliarden Euro war das Verteidigu­ngsministe­rium unzufriede­n gewesen und hatte im April öffentlich einen Fehlbedarf von rund zehn Milliarden Euro für diese Legislatur­periode beklagt. Im Koalitions­vertrag ist vorgesehen, dass jede Erhöhung des Wehretats in gleichem Umfang auch bei der Entwicklun­gshilfe stattfinde­n muss.

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FOTO: GOLLNOW/DPA Verteidgun­gsminister­in Ursula von der Leyen (CDU) will mehr Geld ausgeben.

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