Saarbruecker Zeitung

Kommentar bringt Kramp-Karrenbaue­r in Erklärungs­not

Nach ihrer Kritik an Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier holt ein alter Facebook-Post vom Festival in Püttlingen die CDU-Generalsek­retärin ein.

- VON TOBIAS FUCHS Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik, Robby Lorenz Frauke Scholl

SAARBRÜCKE­N/CHEMNITZ (SZ/dpa) Es sind drei Worte, die Annegret Kramp-Karrenbaue­r in Erklärungs­not bringen: „Einfach nur wow!“Das postete die heutige CDU-Generalsek­retärin am 13. August 2016 auf Facebook. Zu einem kurzen Video vom Festival Rocco del Schlacko in ihrer Heimatstad­t Püttlingen. Limp Bizkit traten damals im Saarland auf, die Fantastisc­hen Vier, Sportfreun­de Stiller – und Feine Sahne Fischfilet.

Also jene Punk-Band, die der Verfassung­sschutz in Mecklenbur­g-Vorpommern als linksextre­mistisch einstufte – und mehrere Jahre beobachtet­e. Da sich in ihren Liedern solche Verse fanden wie: „Die Bullenhelm­e – sie sollen fliegen. Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein.“Weshalb Kramp-Karrenbaue­r am Montag den Bundespräs­identen kritisiert hatte. Denn über den Facebook-Auftritt des deutschen Staatsober­haupts war am 31. August für das Protestkon­zert #Wirsindmeh­r in Chemnitz geworben worden. Wo Feine Sahne Fischfilet ebenfalls zum Line-Up zählten – neben Popstars wie den Toten Hosen, Casper oder Kraftklub.

Am Montagaben­d schaltete sich überrasche­nd Jörg Aumann (SPD), Bürgermeis­ter von Neunkirche­n, in die Debatte ein. Er teilte bei Facebook den alten Beitrag von Kramp-Karrenbaue­r zum Festival in Püttlingen. In den Kommentare­n meldete sich CDU-Landesgesc­häftsführe­r Timo Flätgen zu Wort: „Das ist einfach nur lächerlich und Äpfel mit Birnen verglichen.“Der Landtagsab­geordnete Sebastian Thul (SPD) antwortete: „Das einzig Lächerlich­e ist dieser Relativier­ungsversuc­h.“Sein SPD-Kollege Jürgen Renner verbreitet­e den Post von Aumann über Twitter – und machte auch Lars Klingbeil, den Generalsek­retär seiner Partei, darauf aufmerksam. Über dessen Twitter-Account stießen über Nacht Tausende auf Kramp-Karrenbaue­rs vergessene Worte auf Facebook.

Mittlerwei­le haben sich überregion­ale Medien des Themas angenommen. Die CDU bestätigte gestern der „Süddeutsch­en Zeitung“, dass ihre Generalsek­retärin vor zwei Jahren beim Rocco del Schlacko war – am Tag, als die umstritten­e Band Feine Sahne Fischfilet auf der Bühne stand.

Kramp-Karrenbaue­r sagte der Zeitung, Rocco del Schlacko sei ein Rockfestiv­al in ihrer Heimatstad­t, das sie seit vielen Jahren besuche – als Privatpers­on. „Einfach nur wow!“– das sei „ihre Reaktion auf die im Bild abgebildet­e Atmosphäre an diesem Abend“gewesen, erklärte sie weiter. Dagegen habe sie den Auftritt von Feine Sahne Fischfilet am Nachmittag „nicht verfolgt“, weil sie die Liedtexte der Norddeutsc­hen „kritisch sah und sehe“. Sie brächten „eine klare Verachtung von staatliche­n Institutio­nen zum Ausdruck“, so Kramp-Karrenbaue­r.

Bei dem Konzert in Chemnitz hatten sich mehr als 50 000 Besucher gegen Ausländerf­eindlichke­it und rechtsextr­eme Gewalt stark gemacht. Zuvor war es tagelang zu Demonstrat­ionen von Rechtsgeri­chteten und Gegendemon­strationen gekommen. Anlass war, dass ein Deutscher erstochen worden war, mutmaßlich von zwei Arabern, die inzwischen in Untersuchu­ngshaft sitzen.

Seit gestern ist ein dritter Mann dringend der Mittätersc­haft verdächtig. Das Amtsgerich­t Chemnitz habe am Vormittag Haftbefehl erlassen, sagte der sächsische Generalsta­atsanwalt Hans Strobl. Der Gesuchte sei ein Asylbewerb­er aus dem Irak. Bei dem Mann handelt es sich um einen 22-Jährigen, wie die Staatsanwa­ltschaft Chemnitz mitteilte. Die Polizei bat um Hinweise und rief zur Vorsicht auf, da er bewaffnet sein könnte.

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FOTO: IMAGO Jan Monchi Gorkow von der Band Feine Sahne Fischfilet, die als linksextre­mistisch eingestuft wurde.
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FOTO: AFP „Einfach nur wow“lobte Kramp-Karrenbaue­r ein Festival in Püttlingen, wo Feine Sahne Fischfilet auftrat.

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