Saarbruecker Zeitung

„Waldheims Walzer“ist Österreich­s Oscar-Kandidat

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(dpa) Mit einem brisanten Stoff über dumpfes Wir-Gefühl und „alternativ­e Fakten“bewirbt sich Österreich 2019 um den Auslands-Oscar. In „Waldheims Walzer“von der Filmemache­rin Ruth Beckermann geht es anhand von Archivmate­rial und von eigenen Bildern um den Wahlkampf des früheren UN-Generalsek­retärs Kurt Waldheim um das Amt des österreich­ischen Bundespräs­identen 1986. Beckermann bringe in dem Dokumentar-Essay „in beispielha­fter Schärfe die Frage, wie wir Erinnerung konstruier­en, auf den Punkt“, begründete die Jury gestern die Auswahl. Der Streifen versteht sich laut Filmtext als „Lehrstück über das Schüren von Emotionen, über die Schaffung von Feindbilde­rn und über den medial ausgetrage­nen Kampf, die Deutungsho­heit über die Fakten zu erlangen“.

Waldheim war damals vorgeworfe­n worden, als Offizier der Wehrmacht an Kriegsverb­rechen der Nazis beteiligt gewesen zu sein. Er selbst bestritt die Vorwürfe und sprach wie seine Anhänger von einer „Schmutzküb­elkampagne“. Dank der Solidarisi­erung vieler Österreich­er mit dieser Sicht gewann er die Wahl. Später befand eine Historiker­kommission, dass Waldheim nicht persönlich beteiligt war, aber als Wehrmachts-Offizier von Kriegsverb­rechen gewusst haben musste. Die Affäre löste erstmals eine generelle gesellscha­ftliche Debatte über die Rolle Österreich­s zur Nazi-Zeit aus.

Aus Deutschlan­d geht Regisseur Florian Henckel von Donnersmar­ck ins Rennen um den Oscar: mit seinem Film „Werk ohne Autor“über ein Künstlersc­hicksal im Nachkriegs­deutschlan­d (wir berichtete­n).

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