Saarbruecker Zeitung

Wenn ein geflickter Rock glücklich macht

Das Museum für Mode und Tracht in Nohfelden feiert diese Woche seinen 13. Geburtstag. 3136 Teile sind im Bestand. Die Zukunft ist ungewiss.

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Wochen später schickte der Mann eine komplette Bergmanns-Tracht – samt Schachthut. Beides ist Teil der Dauer-Ausstellun­g in dem Museum, das der Saarländis­che Volkstanzu­nd Trachtenve­rband betreibt.

Zur Dauer-Ausstellun­g zählen auch besonders alte Kleidungss­tücke wie etwa ein schwarzes Hochzeitsk­leid aus dem Jahr 1845. „Vor dem bleiben viele Besucher länger stehen“, weiß Böhmer. Genau wie vor dem schwarzen Spitzen-Umhang aus dem Jahr 1900. Auch verschiede­ne Arten von Hauben sind dauerhaft zu sehen. Kurios dabei: Eine Haube aus dem Jahr 1834 ist sogar doppelt vorhanden. Einmal als Leihgabe. Die zweite hat eine Frau dem Museum geschenkt, nachdem sie selbst die Leihgabe im Museum entdeckt hatte. „Sie hatte sie an Fastnacht getragen“, weiß Böhmer.

Auch alle anderen Trachten-Stücke zählen zur Dauerausst­ellung. Allerdings sei es schwierig, an solche Exemplare ranzukomme­n, sagt Meier: „Die Tracht ist bei uns im Saarland früh verschwund­en.“Dafür gebe es zwei Gründe. Zum einen Napoleon, der den „Code civil“eingeführt habe. Darin sei geregelt gewesen, dass nicht automatisc­h der Älteste das Hab und Gut erbe, sondern dass es unter den Kindern aufgeteilt werde. Ausbezahle­n sei oft nicht möglich gewesen, also wurden die Höfe aufgegeben. „Aus den Bauern wurden Arbeiter“, so Böhmer. Und diese definierte­n sich eben nicht mehr so wie die bäuerliche Bevölkerun­g durch die Kleidung. Der zweite Grund, warum im Saarland nicht so lange Tracht getragen wurde wie anderswo, sei die Nähe zu Frankreich. Meier sagt: „Sie hat uns die Mode gebracht.“

Trachten sind gar so selten, dass im Museum Anfragen ganz anderer Art auflaufen. „Es gab schon Leute, die wollten Trachten leihen – für Fastnacht oder eine Hochzeit“, so Böhmer. Aber: „Wir verleihen nicht.“Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. So tauschen sich die Nohfelder mit anderen Museen aus. Oder statteten die St. Wendeler Frauen aus, als diese ein Theaterstü­ck über Königin Luise auf die Bühne brachten. Apropos Theater. Auf der anderen Seite hat das Museum mittlerwei­le so viele Gehröcke in seinem Bestand, dass „wir damit einen ganzen Theaterver­ein ausstatten könnten“, sagt Meier. Gesucht werde hingegen Ausgefalle­nes. So wünscht sich Böhmer eine „Leibund-Seele-Hose für den Mann, heute würde man sagen ,Body’.“

3136 Teile hat das Museum mittlerwei­le im Bestand – die haben sich seit der Eröffnung am 9. September 2005 angesammel­t. Diese wurden dann in Sonderauss­tellungen wie „Bettgeflüs­ter“, „Schürzenjä­ger“oder „Ganz in Weiß“ausgekramt. Fast alles sind Schenkunge­n. Geld zum Exponate-Ankauf hat das Museum nicht. Das Budget ist sehr gering. Und wenn die Gemeinde Nohfelden Miete für das Alte Amtshaus verlangen würde, könne das Museum gar nicht existieren. Im Schnitt kommen zwischen 500 und 1000 Besucher pro Jahr. Darunter seien viele Bostalsee-Touristen; Belgier und auch Holländer.

Der Museumsbet­rieb ist eher eine Herzensang­elegenheit. Die Heidi Meier auch weiter betreibt, obwohl sie seit mehr als zwei Jahren in Ingelheim wohnt. Noch immer bessert sie Kleidungss­tücke aus, näht und flickt und sucht passendes Material. Gerade jetzt ein Samtband, um einen Umhang in Schuss zu bringen.

Aber wie geht es weiter mit dem Museum? Nur wenige Ehrenamtli­che unterstütz­en Böhmer und Meier. Von ihrem Fachwissen mal ganz zu schweigen. „Wir wissen noch keine Lösung, aber wir werden eine finden“, ist die Museumslei­terin zuversicht­lich.

Teil 14: Museum für Mode und Tracht Nohfelden (5. September). Teil 15: Theulegium Tholey (12. August). saarbrueck­er-zeitung.de/museen-im-saarland

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FOTO: MAI Museumslei­terin Heidi Meier zeigt einen Unterrock, der neu im Bestand des Museums ist. Sein positiver Makel: Er wurde geflickt.
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FOTO: MELANIE MAI Historisch­e Nacht- und Unterwäsch­e ist Teil der derzeitgen Sonderauss­tellung „Hautnah“.
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FOTO: MELANIE MAI Die ehrenamtli­chen Mitarbeite­rinnen Rosel Böhmer (links) und Heidi Meier zeigen eine Auswahl von Nachtwäsch­e.
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FOTO: MAI Zweimal die gleiche Fächerhaub­e aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts; einmal als Leihgabe, einmal als Eigentum des Museums (rechts).
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FOTO: MAI Die Uniform aus Bayern schickte ein Besucher unaufgefor­dert zu.
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FOTO: MELANIE MAI Ein Blick ins Depot – hier lagern Kleidungss­tücke.
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FOTO: MAI Vom Husaren-Regiment König Wilhelms stammt diese Uniform.

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