Auf der Suche nach einer neuen Führung
Klaus Steinbach steht offenbar nicht als künftiger Präsident des LSVS zur Verfügung. Die Zeit drängt, die Fachverbände sind sauer.
SAARBRÜCKEN Keine zwei Wochen dauert’s noch. Dann soll am Sonntag, 16. September, um 10 Uhr im „big eppel“in Eppelborn auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Landessportverbandes für das Saarland ein neues Präsidium gewählt werden. Der durch die Finanzkrise in seinen Grundfesten erschütterte LSVS steuert derzeit mehr oder weniger führungslos durch die Sportwelt. Das ist jedenfalls der Eindruck vieler Vereinsfunktionäre und Sportbegeisterter im Saarland. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass in der vergangenen Woche schon mehrere Sportfachverbände bei LSVS-Vizepräsident Franz Josef Schumann, der seit dem Rücktritt von LSVS-Präsident Klaus Meiser den Verband kommissarisch führt, schriftlich vorstellig wurden und eine Dringlichkeitssitzung vor der Mitgliederversammlung gefordert haben. Um Infos zu erhalten. Wie steht es um die Sanierung? Wie sehen die Personalplanungen aus? Welchen Zuschnitt erhalten die Geschäftsstellen künftig?
Viele offene Fragen – für Patrick Müller, den Präsidenten des Saarländischen Bergsteiger- und Skiläuferbundes, deutlich zu viele, um in elf Tagen personelle Weichen stellen zu können. Deswegen hat Müller einen Dringlichkeitsantrag an die Mitgliederversammlung gestellt. Inhalt: Man möge die Versammlung doch entweder auf Ende 2018, Anfang 2019 verschieben – oder wenigstens die Wahl eines neuen Präsidiums aussetzen.
Seinen Antrag, der der SZ schriftlich vorliegt, begründet Müller mit vier Punkten. Erstens: „Bis dato gibt es unseres Erachtens und Wissens keinen geeigneten Kandidaten als Präsident, der unter den derzeitigen Umständen bereit wäre, das Amt zu übernehmen“, schreibt Müller. Zweitens: „Das derzeitige Präsidium und der Vorstand haben mehrfach diskutiert und auch Einigung erzielt, dass für ein neues Präsidium zwingend nach Ressortverantwortlichkeiten zu besetzen ist. Dies ist jedoch nach der jetzigen Satzung nicht gegeben und kann einem jetzt nur möglichen „Hilfspräsidium“nicht abverlangt werden.“Drittens: „Ein mögliches neues Präsidium würde bei einer Wahl zum jetzigen Zeitpunkt keine ausreichend geordnete Finanzlage vorfinden. Die finanzielle Situation ist unserer Kenntnis nach nicht zuverlässig geklärt. Da das alte Präsidium ohne Neuwahl automatisch bis zur Neuwahl im Amt ist, entstehen weder diesem noch dem Verband weitere Nachteile, da sich die Situation nicht verändert hat. Aber jedes neue Präsidiumsmitglied würde anhand der vorgenannten Tatsachen womöglich in eine Haftungsfalle eintreten und dies ist schlichtweg unzumutbar.“Und viertens: „Man sollte einem neuen Präsidenten die Gelegenheit geben, sich sein „Team“mit dem er zusammenarbeiten soll, selbst zusammenzustellen, bzw. mit möglichen Kandidaten vorher zu sprechen, um selbst eine Meinung zu diesem auf der Mitgliederversammlung äußern zu können.“Müller spricht mit seinen Fragen vielen Funktionären aus dem Herzen. Vor allem die dringlichste, die nach einem neuen Präsidenten, der den Verband durch die zweifellos größte Krise seiner Geschichte führen kann, ist derzeit unbeantwortet. Klaus Steinbach, der ehemalige Weltklasse-Schwimmer der Max-Ritter-Schule, wäre als ehemaliger Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) geradezu prädestiniert für den Posten. Der 64-Jährige, der in Lebach wohnt und Ärztlicher Direktor der Hochwald-Kliniken in Weiskirchen ist, hat nach SZ-Informationen aber das Amt offenbar ausgeschlagen. Steinbach war gestern in seiner Funktion als Vorsitzender der „Medical and Anti Doping Commission“unterwegs ins weißrussische Minsk, wo 2019 die Europaspiele stattfinden werden, und für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Mit Heinz König hat sich nach SZ-Informationen ein weiterer, heiß gehandelter Kandidat für den Präsidenten-Posten ebenfalls verabschiedet. König, Vorstandsvorsitzender der Sofis AG, engagiert sich im Sportsponsoring bei einigen saarländischen Vereinen, so etwa beim LAZ Saarbrücken. König gehört auch dem Stiftungsrat der Sportstiftung Saar an und ist stellvertretender Vorsitzender der Mittelstandsund Wirtschaftsvereinigung Saar der CDU. Der Vizepräsident Wirtschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) dürfte alleine schon aus Zeitgründen nicht zur Verfügung stehen wollen.
Wie schwer es ist, einen Präsidenten zu finden, zeigt auch die Tatsache, dass im LSVS-internen Umfeld sogar über eine Rückkehr von Gerd Meyer diskutiert wird. Der 73-Jährige führte von 2002 bis Ende 2014 den LSVS und wurde dann vom mittlerweile wegen des Finanzskandals zurückgetretenen Klaus Meiser beerbt. Meyer hatte immer betont, mit spätestens 70 Jahren kein Ehrenamt mehr ausüben zu wollen.
Und nicht nur der Präsident fehlt – auch die Posten im Präsidium müssen allesamt neu besetzt werden, da die noch im Amt befindlichen Schumann (Fußball), Franz Josef Kiefer (Turnen), Karin Nonnweiler (Judo), Andrea Pielen (Kneipp-Bund), Udo Genetsch (Sportjugend) und Lothar Altmeyer (Leichtathletik) nicht mehr kandidieren werden. Eugen Roth, der Präsident der Saar-Handballer, war schon Anfang Februar zu Beginn des Finanzskandals aus dem Präsidium zurückgetreten.
Wie ein Präsidium des LSVS aussehen könnte, das noch gar keinen Präsidenten in Sicht hat, ist eine weitere spannende Frage. Nach SZ-Informationen strebt Bodo Wilhelmi, Vize-Präsident Finanzen im Saarländischen Ringer-Verband und Marktbereichsleiter einer Bank in Saarbrücken, einen Präsidiumsposten an. Gleiches gilt für Frank Liedke, den Präsidenten des Saarländischen Badminton-Verbandes. Der Sachgebietsleiter Licht/Ausstattung/Maske beim Saarländischen Rundfunk hatte bereits bei der vergangenen Wahl im September 2015 für das Präsidium kandidiert, war stimmengleich mit Andrea Pielen gewesen und „verlor“durch Los-Entscheid.
Klar ist, dass der Saarländische Fußball-Verband (SFV) als deutlich größter Fachverband des LSVS im Präsidium vertreten sein wird. Hier könnte, da Schumann nicht mehr infrage kommt, die große Stunde von Adrian Zöhler schlagen. Der 48-jährige gelernte Sozialversicherungsfachangestellte, der bei einer großen Krankenkasse im Saarland arbeitet, ist einer von zwei Vize-Präsidenten des SFV, gilt als gut vernetzt und bodenständig. Der Handball-Verband Saar (HVS) will dem Vernehmen nach keinen eigenen Funktionär vorschlagen, beim Saarländischen Turner-Bund (STB) wird noch fieberhaft nach einem Kandidaten gesucht.
Gestern Abend kam das noch verbliebene LSVS-Präsidium zu einer Sitzung zusammen, um weiter zu beraten – bis auf Turn-Präsident Kiefer, der sich nach einer Operation in der Rehabilitation befindet. Ob sie fündig geworden sind? In spätestens elf Tagen werden wir es wissen.