Nano-Nagelbrett soll Bakterien von Zahnimplantaten fernhalten
(np) Ungefähr 13 Millionen Zähne werden in jedem Jahr in deutschen Zahnarztpraxen gezogen. In etwa zehn Prozent der Lücken kommt danach ein Implantat. Das sei im Prinzip eine sichere Sache – nach fünf Jahren seien über 90 Prozent der künstlichen Zähne an Ort und Stelle, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Implantologie.
Zahnmediziner der Uni Marburg beschreiben das Gesamtbild ein wenig differenzierter. Trotz der guten Werte komme es in einem Fünftel der Fälle zu Komplikationen. Bei 40 Prozent der gesunden Patienten sei das eine Schleimhautentzündung (Mukositis), bei jedem Zehnten eine sogenannte Periimplantitis, die zum Knochenabbau und Implantatverlust führen kann. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun eine Oberfläche für Zahnimplantate entwickelt, die die Wundheilung nach der Operation beschleunigen und Bakterien abweisen soll.
Zahnimplantate bestehen aus einer Titan-Schraube als Wurzelersatz im Kieferknochen und einem Stützpfeiler (Abutment) aus Titan für den Zahnersatz und der sichtbaren Zahnkrone. Da das Immunsystem Titan nicht abstößt, wachse die Schraube gut in den Knochen ein, Zahnärzte nennen das Osseointegration. Trotzdem könne es zu Entzündungen an dieser Stelle kommen, denn am Titanaufbau des Implantats wachse das Zahnfleisch häufig nicht richtig an, so das KIT. Dort könnten dann Zahnfleischtaschen entstehen, über die sich Bakterien bis zum Kieferknochen voranarbeiteten.
Die Karlsruher Wissenschaftler entwickeln nun ein Nanoverfahren, das an der Oberfläche des Abutments Bakterien abweisen soll. Es ähnelt einem Nagelbett. Seine säulenförmigen Strukturen haben einen Durchmesser von 100 Nanometern – ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter – und eine Höhe von 500 Nanometern. Es mache Keimen schwer, Fuß zu fassen. Den nachwachsenden Zellen des Zahnfleisches bleibe so mehr Zeit, um die Wunde zu verschließen – ein Effekt, den sonst nur Antibiotika erzielten, so das KIT. Anwendungspotenziale über die Zahnmedizin hinaus sehen die Experten unter anderem bei Knochenplatten, Hörimplantaten oder künstlichen Gelenken.