Saarbruecker Zeitung

Neue Kampagne zur Energiewen­de im Land

Ein Kongress in Saarbrücke­n diskutiert die Möglichkei­t, Klimaschut­z besser bei kommunalen Planungen zu berücksich­tigen.

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Das Saarland will mit einer neuen Kampagne die Energiewen­de vermitteln. Energieber­ater fahren dafür mit einem „Kommunen-Tour-Mobil“übers Land, um zum Beispiel auf Messen, an Schulen oder in Firmen zu informiere­n.

(jwo) Welche Möglichkei­ten haben die Kommunen, die Energiewen­de voranzutre­iben? Diese Frage stand gestern beim Energie-Kongress des Instituts für Zukunftsen­ergiesyste­me (Izes) im Saarbrücke­r Schloss im Mittelpunk­t.

Ob in der Planung neuer Vorhaben, als Regulierer oder als Akteur – grundsätzl­ich haben Kommunen durchaus Einfluss auf die Frage, inwieweit sie Energiespa­r-Projekte angehen. Und dass dies auch geschieht, zeigten die Beispiele, die Philipp Vohrer von der Agentur für Erneuerbar­e Energien auf dem Kongress vorstellte. So hat beispielsw­eise Tübingen bei Neubauten zwingend vorgeschri­eben, dass Dächer mit Solartechn­ik geplant werden, sei es mit Photovolta­ik- oder mit Solar-Wärme-Anlagen. Ein weiteres Beispiel ist die Gemeinde Senftenber­g nicht weit von Dresden. Sie hat ein 2,2 Hektar großes Solartherm­ie-Feld errichtet, das an das Fernwärme-Netz angeschlos­sen ist. Und Osnabrück unterstütz­t Bürger mit einem Solar-Kataster bei der Planung von Sonnenstro­m-Anlagen.

Insgesamt stehen Energiepro­jekte aber bei Kommunen nur selten im Fokus. Einen einfachen Grund nennt Martin Junkernhei­nrich von der Technische­n Universitä­t Kaiserslau­tern. Der Professor für Regionalök­onomie, der auch ein Gutachten über die saarländis­chen Landesfina­nzen erstellt hat, sieht vor allem die Finanzlage und den hohen Investitio­nsstau als Grund. Zwar hätten die Kommunen aktuell angesichts der guten Konjunktur sogar leichte Überschüss­e, aber vor allem im Saarland sei die Schuldenla­st deutlich höher als im Bundesdurc­hschnitt der Kommunen.

Investitio­nen, sagt Junkernhei­nrich, fänden aktuell vor allem da statt, wo die Schäden sichtbar sind. Sprich: Löcher in den Straßen werden gestopft, Löcher im Kanalsyste­m nicht. Und Klimaproje­kte gegen mögliche Umweltschä­den stehen schon gar nicht auf der Tagesordnu­ng. „Solange es keine Umwelt-Vermögensr­echnung für fiskalisch denkende Mitarbeite­r in den Kommunen gibt, werden diese Projekte vernachläs­sigt“, sagt Junkernhei­nrich.

Ähnlich sieht es Robert Riechel vom Deutschen Institut für Urbanistik. Klimaschut­z und Energiewen­de stünden einer Umfrage zufolge bei den Kommunen auf der Aufgabenli­ste ziemlich weit hinten. Wenn aktuell investiert werde, dann vor allem in Digitalisi­erung oder die Integratio­n von Flüchtling­en.

Junkernhei­nrich zufolge besteht ein großes Problem darin, dass Pflichtauf­gaben die Spielräume der Kommunen für Investitio­nen einengen. „Wenn Kommunen sparen, dann tun sie das eben nicht bei gesetzlich zugesicher­ten Leistungen wie der Sozialhilf­e, sondern eher bei freiwillig­en Leistungen“, sagt der Finanzexpe­rte.

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FOTO: BECKER & BREDEL Martin Junkernhei­nrich von der Uni Kaiserslau­tern

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