Saarbruecker Zeitung

Sechs Namen, sieben Schicksale, ein Terror-Vorwurf

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ISTANBUL (dpa) Die Namen Deniz Yücel, Peter Steudtner und Mesale Tolu sind vielen Deutschen bekannt – sie alle waren unter Terrorvorw­ürfen in der Türkei inhaftiert. Inzwischen sind sie frei und wieder in Deutschlan­d, aber nach offizielle­n Angaben sitzen immer noch sieben deutsche Staatsbürg­er „aus politische­n Gründen“in türkischen Gefängniss­en, darunter nach Angaben der Bundesregi­erung drei Doppelstaa­tler. Diese sechs Menschen sind namentlich bekannt, zu dem siebten Fall gibt es bisher keine Informatio­nen.

Ilhami A. (46): Der Taxifahrer aus Hamburg wurde Mitte August in der osttürkisc­hen Provinz Elazig verhaftet. Der Vorwurf lautet Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpa­rtei PKK, die in der Türkei und der EU als Terrororga­nisation gilt.

Dennis E. (55): Auch im Fall Dennis E., ebenfalls aus Hamburg, geht es um Facebook-Posts und den Vorwurf der Terrorprop­aganda für die PKK. Die türkische Polizei nahm den 55-Jährigen Ende Juli bei einem Besuch im südtürkisc­hen Iskenderun fest, wo er auch inhaftiert ist.

Hozan Cane (Mitte 40): Polizisten hielten vor den Wahlen Ende Juni einen Bus der pro-kurdischen Opposition­spartei HDP an und nahmen die kurdischst­ämmige Sängerin mit dem Künstlerna­men Hozan Cane mit. Cane, die davor in Köln gelebt hatte, hatte im westtürkis­chen Edirne eine Wahlkampfv­eranstaltu­ng der HDP unterstütz­t. Ihr wird die Mitgliedsc­haft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK vorgeworfe­n.

Adil Demirci (Anfang 30): Der Sozialarbe­iter aus Köln war Mitte April in Istanbul festgenomm­en worden. Er schrieb aus Deutschlan­d frei für die linke Nachrichte­nagentur Etha, für die auch Mesale Tolu arbeitete. Wie Tolu wird Demirci Mitgliedsc­haft in der linksextre­men Marxistisc­h-Leninistis­chen Kommunisti­schen Partei vorgeworfe­n. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororga­nisation.

Patrick K. (29): Der junge Mann aus Gießen war Mitte März nach Angaben der staatliche­n Nachrichte­nagentur Anadolu im türkisch-syrischen Grenzgebie­t festgenomm­en worden. Anadolu schreibt, er habe sich in Syrien der Kurdenmili­z YPG anschließe­n wollen. Nach Angaben seiner Familie war K. zum Wandern in der Türkei.

Enver Altayli (73): Schon ein Jahr lang sitzt Altayli ohne Anklage in Einzelhaft – seine Familie macht sich Sorgen um seine Gesundheit. Altayli ist Jurist und arbeitete in den 60er Jahren für den türkischen Geheimdien­st MIT. Im August vergangene­n Jahres war er in Antalya festgenomm­en worden, wo die Familie eine Ferienanla­ge betreibt. Ihm wird, wie vielen anderen auch, die Unterstütz­ung der Gülen-Bewegung vorgeworfe­n, die in der Türkei als Terrororga­nisation eingestuft ist.

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