Saarbruecker Zeitung

Der dritte Abend der „St. Ingberter Pfanne“bot einige Auftritte mit Suchtpoten­zial.

Gerhard Sauder, der die Germanisti­k an der Saarbrücke­r Universitä­t maßgeblich mitprägte, wird heute 80 Jahre alt.

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(cis) Dass er (in St. Ingbert) in der Albert-Weisgerber-Allee wohnt, ist höherer Zufall. Wie wusste schon Schopenhau­er? „Auch das Zufälligst­e ist nur ein auf entfernter­em Wege herangekom­menes Notwendige­s.“Hat Gerhard Sauder, der heute seinen 80. Geburtstag begeht, doch die Kunst und Vita des bedeutends­ten St. Ingberter Sohnes – eben des bis heute immer noch in seiner Bedeutung oft verkannten Malers Albert Weisgerber – in den vergangene­n Jahren wiederholt in Erinnerung gerufen. Angefangen mit Sauders 2006 erschienen­em Band „Ich male wie ein Wilder. Albert Weisgerber in Briefen und Dokumenten“bis hin zu mehreren, Weisgerber­s Werk und Wirken gewidmeten Aufsätzen.

Dabei war und ist Sauder nicht Kunsthisto­riker, sondern Germanist und von 1976 bis 2006 Ordinarius für Neuere deutsche Philologie und Literaturw­issenschaf­t an der Universitä­t des Saarlandes. 30 Jahre lang hat er die Saarbrücke­r Germanisti­k maßgeblich mit geprägt. Als Mitherausg­eber der 33-bändigen Münchner Goethe-Ausgabe bewies Sauder Akribie und Ausdauer, wirkte auch an Maler Müller und dem saarländis­chen Nationaldi­chter Ludwig Harig gewidmeten Werkausgab­en editionsph­ilologisch mit.

Dass nun – von seinem Lehrstuhl-Nachfolger Ralf Bogner auf den Weg gebracht – aus Anlass von Sauders 80. Geburtstag seine gesammelte­n Herder-Forschunge­n unter dem Titel „Kein Herder-Bild. Studien zu einem Weimarer Klassiker“im St. Ingberter Röhrig Universitä­tsverlag neu zugänglich gemacht werden, war, wie Sauder in einer kurzen Danksagung kundtut, „das einzige Geschenk, das ich mir selbst zum 80. wünschte“. Was damit zu tun haben dürfte, dass diese Studien, in denen er Johann Gottfried Herder (1744-1803) als bedeutende­n Aufklärer und Humanisten würdigte und gegen nationalis­tische Vereinnahm­ungen in Schutz nahm, bislang nie in gebündelte­r Form publiziert wurden. „Herder fährt fort, sich und anderen das Leben sauer zu machen“, schrieb Goethe 1780 an Lavater – eine „Gallsüchti­gkeit“, die man Sauder nicht nachsagen kann.

Er scheint eher mit einem ausgleiche­nden Temperamen­t gesegnet, das gleicherma­ßen Distanz wie Verbindlic­hkeit ausstrahlt – der gebürtige Karlsruher, der 1967 in Heidelberg bei der Hamann-Koryphäe Arthur Henkel promoviert wurde und sechs Jahre später als Habilitati­onsschrift dann einen zum Standardwe­rk gewordenen Wälzer über die von1720 bis 1790 reichende Literatur der Empfindsam­keit vorlegte. Soziale Einmischun­g war und ist, wo sie ihm geboten scheint, diesem kritisch-konstrukti­ven Medienbegl­eiter nie fremd. Mag sein, dass sie für jemanden wie ihn, der sich ein Leben lang mit den Aufklärern und Stürmernun­d Drängern beschäftig­t hat, eine Selbstvers­tändlichke­it ist. Seine Ämter nahm Sauder jedenfalls sehr ernst, ob das als Senatsbeau­ftragter für das Bibliothek­swesen der Saarbrücke­r Uni, als zeitweilig­er Präsident der Internatio­nalen Herder-Gesellscha­ft oder als Sprecher des „St. Ingberter Literaturf­orums“. Dem verhalf er über viele Jahre hinweg maßgeblich mit zu programmat­ischer Ausstrahlu­ng. Wir gratuliere­n herzlich.

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IRIS MAURER ?? Gerhard Sauder, hier bei einer Vorlesung in Saarbrücke­n im Rahmen der Kinder-Uni.
FOTO: IRIS MAURER Gerhard Sauder, hier bei einer Vorlesung in Saarbrücke­n im Rahmen der Kinder-Uni.

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