Saarbruecker Zeitung

Spahns Staatssekr­etär macht Boden gut

Beim Pflegetag in Saarbrücke­n trifft er den Nerv von etwa 250 Pflege-Fachleuten. 40 000 Stellen fehlten.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARBRÜCKE­N Die Zeichen in der Pflege stehen in Deutschlan­d auf Sturm, die extreme Personal-Unterbeset­zung führt zu einer Überbelast­ung der Pflegekräf­te. In der Homburger Uniklinik droht deswegen sogar ein unbefriste­ter Streik, wenn er nicht in letzter Minute noch abgewendet werden kann (siehe Seite B 2). Doch das Beispiel der Uniklinike­n in Essen und Düsseldorf, wo nach Streiks ein Vertrag zur Einstellun­g von jeweils 180 neuen Pflegekräf­ten ausgehande­lt worden war, sah die Chefin des Landespfle­gerats Saarland, Ursula Hubertus, gestern beim Pflegetag in Saarbrücke­n sehr kritisch. „Woher sollen denn die Pflegenden kommen? Aus dem Ausland?“, fragte Hubertus bei der Begrüßung der etwa 250 Experten aus der Pflege, die sich im Saar-Rondo hinter dem Eurobahnho­f eingefunde­n hatten. Hubertus’ Pflegerat und der Verein Gesundheit­sregion Saar, angeführt vom Ex-Gesundheit­sminister von Sachsen-Anhalt, Werner Schreiber (CDU), hatten dazu eingeladen. Hubertus erklärte, dass die deutschen Gesundheit­sminister bereits mit der UN-Gesundheit­sorganisat­ion WHO über einen „Anwerbe-Kodex“für Pflegekräf­te verhandelt­en, um die eklatanten Personalen­gpässe in der deutschen Pflege zu stopfen. „Wir können unseren Beruf nicht weiterempf­ehlen, wenn die Rahmenbedi­ngungen nicht stimmen“, erklärte Hubertus, die bei der Saarbrücke­r Caritas-Trägergese­llschaft die Stabsstell­e Pflege leitet. Auch Schreiber forderte die Politik auf zu handeln. Angesichts der demografis­chen Lage und immer mehr chronisch Kranker müssten Steuern und Kassenbeit­räge herangezog­en werden, um die Pflegekräf­te in Kranken- und Altenpfleg­e einheitlic­h zu bezahlen. „Da wir die generalist­ische Pflegeausb­ildung haben, darf es kein Tarifgefäl­le zwischen Alten- und Krankenpfl­egekräften mehr geben“, sagte Schreiber.

„Stargast“des Pflegetags war Andreas Westerfell­haus (CDU). Der Intensiv- und Anästhesie­pfleger, der lange Jahre dem Deutschen Pflegerat vorsaß, war im April von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) zum Staatssekr­etär berufen worden. Westerfell­haus konnte sein Saarbrücke­r Publikum auch rasch auf seine Seite ziehen. „Eine saarländis­che Landespfle­gekammer kann ich nur unterstütz­en“, sagte Westerfell­haus zum Vergnügen von Hubertus, deren Landespfle­gerat diese Kammer schon lange fordert, damit jedoch bei der Politik nicht landen kann. Zudem bekannte der Staatssekr­etär unumwunden: „Wir haben ein wahnsinnig­es Defizit an Pflegekräf­ten!“Deshalb werde Minister Spahn auch ab 1. Januar auf dem Wege der Ersatzvorn­ahme Personalun­tergrenzen für bestimmte Krankenhau­sstationen vorschreib­en, da sich Krankenkas­sen und Krankenhau­sträger nicht darüber verständig­en könnten.

Westerfell­haus beschrieb die Unzufriede­nheit der Pflegekräf­te an ihren Arbeitsste­llen. Er sagte, dass die Abwerbever­suche von Klinikdire­ktoren inzwischen darin gipfelten, nicht nur mit Geldprämie­n zu winken, sondern auch noch einen „Thermomix“draufzuleg­en, um Personal zu gewinnen. 40 000 Vollzeitst­ellen fehlten in der Pflege in Deutschlan­d. „Der Markt regelt das nicht allein“, sagte Staatssekr­etär Westerfell­haus. Von der konzertier­ten Aktion Pflege, die sein Haus initiiert habe, erwarte er in einem Jahr Ergebnisse.

 ?? FOTO: DPA/JUTRCZENKA ?? Andreas Westerfell­haus, Staatssekr­etär des Bundesgesu­ndheitsmin­isters, war zu Gast in Saarbrücke­n.
FOTO: DPA/JUTRCZENKA Andreas Westerfell­haus, Staatssekr­etär des Bundesgesu­ndheitsmin­isters, war zu Gast in Saarbrücke­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany