Gevatter Tod und die ungebremsten Amazonen
Kleinkunst mit großen Ideen: Die St. Ingberter Pfanne bot mal wieder einen überlangen Abend, der es aber enorm in sich hatte.
„Bösterreichische“Theatersatire, eskalierende Musikcomedy und Politkabarett, bei dem jede Pointe zündet: Der dritte Abend der St. Ingberter Pfanne war vom Feinsten und dabei enorm abwechslungsreich. Nach den sechs Einzelkämpfern der Vortage waren mit „BlöZinger“und „Suchtpotenzial“zwei Duos an der Reihe, bei deren Auftritten die Stadthalle am Dienstagabend regelrecht brannte. Dass es danach – wegen überlanger Pausen zu wieder mal schwer vorgerückter Stunde – Thomas Schreckenberger schaffte, ganz alleine souverän zu kontern: Respekt!
Wer Helmut Qualtinger oder Josef Hader liebt, wer ein Faible hat für morbiden Ösi-Humor, den begeistern auch Robert Blöchl und Roland Penzinger, die ihre Nachnamen zu „BlöZinger“gestaucht haben. Die beiden Wiener machen hinreißend makaberes Theaterkabarett mit knochigen Witzen und pragmatisch fiesen Lebensweisheiten, bei dem sie in wechselnde Rollen schlüpfen und so die Schicksale mehrerer Personen verknüpfen. In ihrem Programm „Bis morgen“sind es die der mal lebenslüsternen, mal todessehnsüchtigen Bewohner, der Angestellten und Anwohner eines Altersheims, in dem der Sensenmann dunkle Ernte hält. Was die zwei dabei an Themen unterbringen, wie sie szenisch Psychoanalyse mit Film-Hommagen kombinieren, wie skurril und präzise das alles gespielt und wie liebevoll dabei Gevatter Tod gezeichnet wird, das ist schlicht brillant.
Anschließend zogen mit Ariane Müller (Piano, Gesang) und Julia Gámez Martín (Gesang) zwei mitreißend komische Comedy-Amazonen auf einen Lieder-lichen Kriegszug gegen Dummheit, Fanatismus, Privatfernsehen und schlechten Musikgeschmack. Ihre Waffen: vitale Frauenpower, Mutterwitz, handwerkliches Können und kein Respekt vor gar nix, nicht mal vor sich selbst. „Suchtpotenzial“, so der Name des schwäbisch-berlinerischen Duos, ist wunderbar ungebremst, zeigt vollen Körpereinsatz und tritt auch mal heftig unter die Gürtellinie. Vor allem bei der Halbspanierin Martín, die mit einer souligen Röhre gesegnet ist, fragt man sich, ob die Frau regelmäßig Temperamentsverstärker konsumiert. Gnadenlos führten die beiden Mädels hier die Manierismen diverser Musik-Genres ad absurdum, zelebrierten politisch wie biologisch korrekten und Gender-konformen Gangsta-Rap und widerlegten Sigmund Freuds These vom Penisneid.
Schreien vor Lachen konnte man auch bei Kabarettist Thomas Schreckenberger. Der Schwabe legte bei seinem internationalen Abwatschen ein hohes Tempo vor, unterlief konsequent Erwartungshaltungen und traf mit seinen messerscharfen Analysen und Appellen voll ins Schwarze. Und was seine Politiker-Parodien angeht: Die brauchen sich hinter denen eines Reiner Kröhnert nicht zu verstecken, ob er nun Klaus Kinskis Geist in Angela Merkel fahren lässt oder „Romeo und Julia“in einer Laienspielfassung des Bundestags zeigt. Grandios!