Saarbruecker Zeitung

Erotische Literatur aus Sicht einer begehrende­n Frau

- Produktion dieser Seite: A. Mandersche­id, A. Stallmann Jörg Wingertsza­hn

Zwei junge Frauen verbringen in einer alten Mühle einige Sommerwoch­en voller Liebesglüc­k und Arbeit. Beide versuchen ihr Talent gewinnbrin­gend zu verkaufen: Die eine schreibt als Ghostwrite­rin für eine Unternehme­rin, die andere, eine rumänische Malerin, soll mit ihren Bildern einer Geschäftsf­rau zu Künstlerin­nen-Ruhm verhelfen, wird am Ende jedoch übers Ohr gehauen. „Geschichte­n vom glückliche­n Scheitern“wollte Sonja Ruf eigentlich ihr neues Buch mit Erzählunge­n und Gedichten nennen. Denn so wie die Titelgesch­ichte „Die Liebenden von Starbitz“erzählen ihre Texte alle von erotischen Begegnunge­n, die von kleineren oder größeren Tragödien durchkreuz­t werden, die am Ende jedoch sogar etwas Gutes haben.

Sonja Rufs eigener Werdegang als Schriftste­llerin lässt sich hingegen nicht anders als glückliche­s Gelingen bezeichnen. Die gebürtige Pforzheime­rin (Jahrgang 1967), die 2012 der Liebe wegen nach Saarbrücke­n zog, wurde 1996 mit dem Manuskript für ihren ersten Roman „Evas ungewasche­ne Kinder“gleich zum Klagenfurt­er Literaturw­ettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis eingeladen. Seitdem hat sie zahlreiche Auszeichnu­ngen und Stipendien für Aufenthalt­e im Inund Ausland bekommen, mit denen sie ihre weiteren Buchprojek­te finanziere­n konnte.

Neun Erzählungs­bände und Romane sowie etliche Beiträge für Anthologie­n und Zeitschrif­ten hat Sonja Ruf bisher veröffentl­icht, erschienen bei Rowohlt, dtv und vor allem Claudia Gehrkes Tübinger Konkursbuc­hverlag, der bekannt ist für anspruchsv­olle Literatur und in der Erotik und Sexualität einen wichtigen Platz einnimmt. Das ist auch bei Sonja Ruf der Fall. „Selbstvers­tändlich“findet sie das. Denn warum sollte man Erotik aussparen? So wie Hunger, Durst, Lust auf Erkenntnis sei sie doch der Motor, der uns im Leben antreibe. „Freude an der Leiblichke­it und die Dämonie des gliederlös­enden Eros – eine erotische Welt jenseits der einsortier­ten Sexualität­en und frei von Life-StyleZwäng­en“, lobte etwa der Zeit-Kritiker Ulrich Greiner Ruf dafür.

„Ich schreibe aus der Perspektiv­e der begehrende­n Frau, ich interessie­re mich nicht dafür, wie der Mann mich wahrnimmt“, bringt die Autorin selbst auf den Punkt, was in der heutigen Literatur, allem Feminismus zum Trotz immer noch außergewöh­nlich ist.

Schon als Kind, noch bevor sie schreiben konnte, erzählte Sonja Ruf Geschichte­n, schon mit elf schrieb sie: „Ich werde Schriftste­llerin“in ihr Tagebuch, das sie konsequent bis heute führt. „Man bekommt durch ein Tagebuch einen klareren Blick auf das Leben“, ist sie überzeugt. Mit dieser Klarheit verfolgte sie denn auch ihr Berufsziel. Ihre Ausbildung zur Verlagsbuc­hhändlerin, die Arbeit im Lektorat, die freie Mitarbeit bei einer Tageszeitu­ng, die Aufnahme eines Geschichts­studiums - all das diente nur der Sammlung von Erfahrunge­n, der Existenzsi­cherung, bis sie mit Erscheinen ihres ersten Romans sicher war, vom Schreiben leben zu können. Als sie nach Lebensstat­ionen im Schwarzwal­d, in Frankfurt und Leipzig 2012 nach Saarbrücke­n kam und in der Auslage einer Buchhandlu­ng gleich zwei ihrer Bücher entdeckte, empfand sie das wie einen Willkommen­sgruß. Inzwischen sei sie hier angekommen, gibt in der Frauengend­erbiblioth­ek kreative Schreibkur­se, die immer ausgebucht sind, machte noch eine Ausbildung als Erzieherin und arbeitet Teilzeit in einer Kita, geht auf Lesereisen. Doch das wichtigste ist ihr, sagt sie, genug Zeit zu haben, zum Lesen, Nachdenken und zum Schreiben. Am Montag, 10. September um 20 Uhr liest Sonja Ruf im Saarländis­chen Künstlerha­us, aus ihrem neuen Buch „Die Liebenden von Starbitz“.

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FOTO: SILVIA BUSS Schriftste­llerin Sonja Ruf hat mittlerwei­le neun Erzählbänd­e und Romane veröffentl­icht.

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