Saarbruecker Zeitung

Druck auf Merkel wächst nach Diesel-Urteil

Nach dem Richterspr­uch zu Sperrungen für Diesel-Autos in Frankfurt werden Forderunge­n nach Umbauten an Motoren lauter.

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(dpa) Nach dem Urteil zu Diesel-Fahrverbot­en in Frankfurt wächst der Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), den Weg für Hardware-Nachrüstun­gen älterer Diesel zu ebnen. Wenige Wochen vor der Wahl in Hessen forderten die schwarz-grüne Landesregi­erung, aber auch der Städtetag, die Opposition und der Koalitions­partner SPD schnelle Entscheidu­ngen für Umbauten direkt an Motoren. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) sagte gestern: „Ich erwarte, dass die Kanzlerin jetzt den Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn hilft, die Diesel-Fahrzeuge haben.“

SPD-Fraktionsv­ize Sören Bartol sagte, er erwarte, dass Merkel ihre Ankündigun­g, spätestens im September für Klarheit zu sorgen, endlich umsetze. Die Kanzlerin müsse Scheuer „in die Schranken weisen“, dessen Blockade in der Frage nicht akzeptabel sei. Städtetags-Hauptgesch­äftsführer Helmut Dedy sagte, der Bund sollte sich jetzt endlich dazu durchringe­n, die Autoindust­rie zu Pkw-Nachrüstun­gen zu verpflicht­en. Dies wäre auch ein Signal an die Gerichte. FDP-Fraktionsv­ize Michael Theurer sagte, Merkel müsse „ihr Zögern und Zaudern“endlich beenden.

Nach einem Urteil des Verwaltung­sgerichts Wiesbaden von Mittwoch droht Fahrern älterer Diesel 2019 in Frankfurt ein großflächi­ges Fahrverbot – ab 1. Februar für Diesel der älteren Schadstoff­norm Euro 4, ab 1. September auch für Euro 5. Die Deutsche Umwelthilf­e, die das Urteil erwirkt hatte, rechnet in den kommenden Monaten auch für Berlin, Bonn, Darmstadt, Köln, Dortmund, Gelsenkirc­hen, Essen, Mainz und Wiesbaden mit ähnlichen Gerichtsen­tscheidung­en. In Hamburg sind schon zwei Straßenabs­chnitte für ältere Diesel gesperrt. In Stuttgart ist 2019 ein großflächi­ges Einfahrver­bot geplant.

Die hessische Landesregi­erung hat noch nicht entschiede­n, ob sie gegen das Urteil zu Frankfurt vorgeht. Sie will erst die schriftlic­he Begründung abwarten, wie ein Sprecher des Umweltmini­steriums sagte. Möglich wäre ein Antrag auf Zulassung der Berufung. Bereits direkt nach dem Urteil hatten Ministerpr­äsident und CDU-Bundesvize Volker Bouffier und Umweltmini­sterin Priska Hinz (Grüne) den Bund in die Pflicht genommen, seiner Verantwort­ung nachzukomm­en und eine rechtliche Grundlage für Hardware-Nachrüstun­gen der betroffene­n Wagen zu schaffen. In Hessen wird am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt.

Scheuer bekräftigt­e allerdings umgehend sein Nein und verwies erneut auf technische, rechtliche und finanziell­e Bedenken. Wirklich sinnvoll seien Umbauten an Motoren nur bei kommunalen Fahrzeugen und Bussen. Dort seien Einsparung­en erfreulich hoch und zügig umsetzbar. „Dies ist deutlich wirkungsvo­ller als eine Hardware-Nachrüstun­g von Millionen alter Diesel-Pkw, die nur ab und zu in die Stadt fahren“, sagte Scheuer.

Auch Merkel hatte mehrfach Vorbehalte gegen Hardware-Nachrüstun­gen deutlich gemacht. Die deutschen Autobauer lehnen dies ebenfalls ab und bekräftigt­en dies nach dem neuen Urteil. Es würde mehrere Jahre dauern, bis sie umgesetzt werden könnten, erklärte der Verband der Automobili­ndustrie (VDA). Zudem erhöhten sich dadurch Verbrauch und CO2-Emissionen bei betroffene­n Autos. Da Frankfurt im Gegensatz zu anderen Städten auch kein wirklicher Brennpunkt der Luftbelast­ung sei, dürften die Werte mit der Erneuerung des Autobestan­ds und der geplanten Software-Updates auch ohne Fahrverbot­e weiter zurückgehe­n.

„Ich erwarte, dass die

Kanzlerin jetzt den Verbrauche­rn hilft, die Dieselfahr­zeuge haben.“

Svenja Schulze

Bundesumwe­ltminister­in (SPD)

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FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA In Hamburg sind schon zwei Straßenabs­chnitte für ältere Diesel gesperrt. In Frankfurt stehen großflächi­ge Fahrverbot­e bevor.

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