Saarbruecker Zeitung

Warum uns die Natur so gut tut

Wer sich regelmäßig an der frischen Luft bewegt, ist entspannte­r. Wie schon in Japan wird das Waldbaden zum Trend.

- VON BERNADETTE WINTER

(dpa) Das Laub raschelt unter den Füßen, der Wind streicht leise durch die Baumwipfel, irgendwo ruft ein Kuckuck oder singt eine Lerche. Und dann passiert etwas Erstaunlic­hes: Stress fällt von einem ab, Aufregung legt sich – nicht nur gefühlt. Studien zufolge könne bereits durch eine kleine Dosis Natur die Konzentrat­ion des Stresshorm­ons Cortisol gesenkt werden, berichtet Anja Göritz, Psychologi­eprofessor­in an der Albert-Ludwigs-Universitä­t Freiburg.

„Schon um den Block zu laufen, ist besser, als nicht um den Block zu laufen“, sagt Professor Andreas Michalsen, Arzt für Naturheilk­unde am Immanuel-Krankenhau­s in Berlin. Wie lange sich jemand draußen aufhalte, sei nicht wichtig. Vielmehr gehe es darum, die kleine Frischluft­kur möglichst gut in den Alltag zu integriere­n. Also lieber jeden Tag zehn Minuten spazieren gehen, als alle drei Monate einmal den Berg hinaufzukr­axeln.

Für Michalsen hält die Natur gleich ein ganzes Potpourri an positiven Effekten für den Menschen bereit. Da wäre zum einen die Stille. Längst ist der Lärm, der gerade in Städten vorherrsch­t, als Risikofakt­or für Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n, Schlaganfa­ll oder Schlafstör­ungen und Depression­en bekannt und erforscht. In den Bergen oder am Meer ist es zwar auch nicht gänzlich still, aber „wenn wir Geräusche hören, dann sind es angenehme wie Wasserplät­schern oder Vogelzwits­chern“. Darüber hinaus sei die Ozon- und Feinstaubk­onzentrati­on in der Natur nicht so hoch wie in der Stadt.

Dazu kommen die Düfte des Waldes, ätherische Öle, die die Stimmung heben und das Immunsyste­m stärken sollen. „Schon ein frisch gemähter Rasen verströmt diesen typischen Geruch“, sagt Michalsen, „aber auch Blüten oder feuchter Waldboden vermitteln diesen Eindruck.“Am Meer dagegen seien es Stoffe wie Sole, Fluor und Jod, die der Gesundheit zugute kommen. Sie sind unter anderem gut für die Haut und die Atemwege. Scheint obendrein noch die Sonne, regt sie – in Maßen genossen – die Vitamin-D-Produktion an.

Annette Bernjus gibt Seminare im Waldbaden, eine japanische Tradition, die inzwischen auch in Deutschlan­d Anhänger findet. Dabei schlendern die Teilnehmer durch einen Wald, um ganz bewusst zu pausieren und nichts zu tun. „Die Menschen sollen die Zeit vergessen und wieder anfangen, zu riechen und zu schmecken“, erzählt Bernjus.

Also zurück zur Natur. Immer mehr Waldbesitz­er erkennen den Trend und lassen sich vom Zertifizie­rungssyste­m für nachhaltig­e Waldbewirt­schaftung PEFC als „Erholungsw­ald“zertifizie­ren. Neun solcher Wälder gibt es bereits in Deutschlan­d. „Die Wälder müssen nicht nur nachhaltig bewirtscha­ftet werden, uns ist auch ein nachgewies­enes Konfliktma­nagement wichtig“, sagt PEFC-Geschäftsf­ührer Dirk Teegelbekk­ers. Wer Waldbaden will, soll nicht dem Jogger oder Mountainbi­ker in die Quere kommen. Sich in der Natur zu sportlich zu betätigen, verstärke die positive Wirkung, sagt Andreas Michalsen. Daher sei es besser, sich draußen zu bewegen.

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FOTO: MANFRED BERNJUS/EMBE-FOTO/DPA Beim Waldbaden geht es vor allem darum, die Natur bewusst wahrzunehm­en.

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