Wenn nichts mehr wie zuvor ist
Das Drama „Sieben Stunden“zeigt Peinigungen, die ein Leben komplett verändern.
SAARBRÜCKEN (ry) Ihr Leben könnte nicht besser laufen – privat wie beruflich ist Hanna Rautenberg (Bibiana Beglau) auf der Überholspur. Als erfolgreiche Psychotherapeutin hat sie in einem bayerischen Hochsicherheitsgefängnis eine sozialtherapeutische Station aufgebaut, die sie mit strenger Hand regiert. Die Insassen und auch ihre Kollegen behandeln sie mit Respekt. Mit ihrem Freund Stephan (Thomas Loibl) schwebt Hanna auf Wolke sieben – in nur zehn Tagen wollen sich die beiden das Jawort geben. Doch dann geschieht das Unfassbare: Der Straftäter Peter Petrowski (Till Firit), dem die Therapeutin zuvor in einem Gutachten eine positive Prognose gestellt hat, nimmt Hanna in ihrem Büro als Geisel. Während das bereitstehende SEK und ihre Kollegen vor der Tür davon ausgehen, dass Hanna die Situation unter Kontrolle hat, wird sie von Petrowski mehrmals vergewaltigt.
Sieben Stunden lang befindet sich Hanna in der Gewalt ihres Peinigers – sieben Stunden, die ihr Leben und alles, wofür sie stand, zerstören. Von der selbstbewussten, positiven Frau, die Hanna einmal war, ist nach der Tat nichts mehr übrig. Ihre Hochzeit gleicht einer Trauerfeier, ihre Zukunft als Psychotherapeutin ist ungewiss. Hanna versucht mit aller Kraft, in ihr altes Leben zurückzukehren und sich aus der Opferrolle zu kämpfen. Sie stellt sich als Nebenklägerin ihrem Peiniger und dem Geschehenen öffentlich vor Gericht und klagt die Anstaltsleitung, ihre Kollegen und das Sicherheitspersonal des Gefängnisses an. Auf der verbissenen Suche nach Gerechtigkeit – oder ist es Rache? – scheint Hanna am Ende auch mit ihren treuesten Freunden und ihrer Familie zu brechen. Obwohl der Gerichtsprozess zugunsten Hannas ausgeht, steht sie vor den Trümmern ihres einst unbeschwerten und glücklichen Lebens.
Das auf wahren Begebenheiten beruhende Drama thematisiert individuelle und institutionelle Aspekte des Scheiterns von Therapie im Strafvollzug. Der skandalöse Fall, der sich 2009 tatsächlich ereignete, wirft die Frage nach der Therapierbarkeit von Sexualstraftätern auf. Als Vorlage diente das Buch „Sieben Stunden im April – Meine Geschichte vom Überleben“von Susanne Preusker. Mit prominenter Besetzung vermittelt Regisseur Christian Görlitz ein authentisches Bild der im Film behandelten, umstrittenen Thematik. Görlitz arbeitet überwiegend für das Fernsehen und in unterschiedlichen Genres. So drehte er unter anderem das TV-Drama „Freier Fall“(1997), für das er mit dem „Adolf-Grimme-Preis“in Gold in der Kategorie „Fiktion/Unterhaltung“ausgezeichnet wurde.
Sieben Stunden, 20.15 Uhr, ARTE