Noch nie so viele freie Lehrstellen im Saarland
Auf jeden verbliebenen Bewerber kommen im Saarland derzeit zwei Lehrstellen. Der Bewerbermangel ist hier stärker als andernorts.
Zum Start des neuen Ausbildungsjahres werden im Saarland noch so viele Lehrlinge gesucht wie nie zuvor zu diesem Zeitpunkt im Jahr, und das bereitet nicht zuletzt dem saarländischen Handwerk Sorge. Seit Oktober vergangenen Jahres wurden hierzulande 6900 Ausbildungsplätze von Firmen an die Arbeitsagentur (BA) gemeldet, 7,3 Prozent mehr als im Jahr davor. Nach neuesten Zahlen der Regionaldirektion RheinlandPfalz-Saarland der BA sind derzeit aber 1800 Stellen noch frei, während 900 junge Menschen bislang keinen für sie passenden Ausbildungsplatz gefunden haben. Auf jeden verbliebenen Bewerber kommen also zwei Stellen.
Die Lücke werde „seit drei, vier Jahren immer größer“, sagte Hei drun Schulz, Chefin der Regionaldirektion. 1800 – so viele unbesetzte Lehrstellen gab es an der Saar zu diesem Zeitpunkt des Jahres noch nie. Im Vergleich zum Vorjahr sind es 270 Plätze oder 17,5 Prozent mehr.
Im Saarland sei der Trend zum Bewerbermangel stärker als im Bund, weil sich hier der demografische Wandel deutlicher auswirke, sagte Schulz der SZ. Auch wenn die endgültigen Zahlen zum Ausbildungsmarkt erst im Oktober vorliegen, prognostiziet sie schon jetzt: Am Ende würden mehrere hundert Stellen unbesetzt bleiben – und rund 100 Bewerber nichts finden.
Derweil sinkt nach Angaben der Agentur der Anteil der deutschen Bewerber, dagegen suchen 200 junge Leute mit ausländischem Pass eine Stelle. Darunter seien auch immer mehr Flüchtlinge, sagte Schulz. Ein Trend, den die Handwerkskammer (HWK) bestätigt: Knapp 5000 junge Menschen machen derzeit eine Ausbildung im saarländischen Handwerk, darunter befinden sich nach Kammer-Angaben bereits rund 300 Flüchtlinge. Die HWK verzeichnet bei den neuen Ausbildungsverträgen mit 1900 bislang ein leichtes Minus im Vergleich zum Vorjahr, wie Justus Wilhelm, bei der HWK Bereichsleiter für Weiterbildung, sagte. Offen seien derzeit noch etwa 80 bis 100 Lehrstellen. Das sei zwar zu diesem Zeitpunkt keine Besonderheit, trotzdem betrachte man die Entwicklung mit Sorge. Die Kammer spüre vor allem den demografischen Wandel. Wilhelm bemängelte zudem, dass sich immer mehr junge Menschen für ein Studium entscheiden.
Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) geht Peter Nagel, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung, aktuell von rund 400 noch freien Ausbildungsplätzen aus, besonders in Einzelhandel und der Gastronomie. Bis Ende August seien insgesamt 3700 Verträge von Auszubildenden im ersten bis dritten Lehrjahr eingetragen gewesen, 300 mehr als im Vorjahr. Damit bestätige sich der Trend der Vorjahre, „dass die Betriebe ihre neuen Auszubildenden immer früher an sich binden und frühzeitig die Verträge bei der IHK einreichen“, sagte Nagel.