Der Glanz in den Augen der Frauen
Julien Clercs Konzert in Esch hat das neue Francofolies-Festival in Luxemburg gekrönt.
wie er singt, mit aller Lust – und das in allen Daseinslagen.
Die ersten Schritte ins Rampenlicht: zaghaft, tastend, als müsse Clerc sich erst wieder seines StarSelbst versichern. Dabei ist er seit einem halben Jahrhundert ein Gefeierter, überall dort, wo man Französisch spricht. Doch es braucht nur wenige Takte von „Si on chantait“. Und alle, alle singen, im Parkett wie im Rang, jedes Wort. So selbstverständlich als sei das irgendwie Teil gallischer DNA. Dann wächst das kleine städtische Theater in Esch, wird zum Olympia in Paris, dem Nabel des Chanson-Universums. Und Clercs Lächeln überstrahlt plötzlich die ganzen Scheinwerferbatterien hinter ihm, dann wagt er sogar mal einen Hüftwackler, das Rockerherz, „Coeur de rocker“, schlägt höher. Nie aber wird der Abend inniger als zu jenem Augenblick, da Clerc mit „C’est en septembre“, dieser Hymne an Frankreichs Süden, sich vor einem noch Größeren verneigt, der ihm auch Mentor war: Gilbert Bécaud.
Nein, natürlich kann nicht mehr alles wie früher sein. Clercs Stimme war mal wie der Scirocco, der Wind, der von der Sahara heranstürmend heiß und wirbelnd über die Mittelmeerküste
Er hat gelebt, wie er singt, mit aller Lust – und das in allen
Lebenslagen.
hereinbricht. Heute weht das Lüftchen öfters lau. Die Stimme tönt leicht heiser, eher brüchig als geschmeidig. Aber er muss auch nicht mehr jeden Höhenton attackieren, jede Melodie umschmachten, er hat eine exzellente Combo an der Seite, gekrönt von einem veritablen Streich- und Gesangsquartett, vier Damen, die bei sängerischen Klippen stets zur Stelle sind. Ihn charmant geleiten. Ohne Clerc aber wäre das alles ohne Bedeutung, seine Präsenz füllt den Saal, beglaubigt die Worte seiner Leidenschaftslieder. Deren innigstes Konzentrat ist „Femmes, je vous aime“, und hundertfacher Augenglanz im Saal beweist: Jede fühlt sich gemeint. Und die zugehörigen Herren Begleitung werden nicht mal eifersüchtig, sondern rufen „Bravo Julien!“. Wie macht er das bloß?
Gute anderthalb Stunden ist Julien Clerc für sein Publikum da, das ihn gerne noch länger feiern würde. Am Ende aber war es wohl doch auch ein Kraftakt für ihn. Aber man hofft, dass er ihn noch lange, lange auf sich nimmt.