„Den kannst du überall hinstellen“
Joshua Kimmich zeigt beim Debüt als Sechser im DFB-Trikot eine starke Leistung.
(dpa) Joshua Kimmich schien um einige Zentimeter gewachsen, als er durch die Katakomben der Arena in München schritt. Die Versetzung des 1,76 Meter großen Bayern-Profis vom rechten Verteidiger-Posten auf die so wichtige Sechser-Position vor der Abwehr war Joachim Löws Königs-Personalie beim Neubeginn der deutschen Nationalmannschaft gegen Weltmeister Frankreich. Aus dem 0:0 am Donnerstagabend bei der Nations-League-Premiere könnte der 23-Jährige als ein großer Profiteur des WM-Debakels hervorgehen.
Zwei Tage vor seinem 33. Länderspiel hatte ihm der Bundestrainer eröffnet, „dass er überlegt, mit mir auf der Sechser-Position zu spielen“, berichtete Kimmich: „Da konnte ich ein Grinsen nicht unterdrücken.“Die Sechs ist seine erklärte Lieblingsposition. Für Löw war es zunächst mal ein Test. Aber einer, der Zukunft hat. „Er war sehr präsent und sehr zweikampfstark. Er war viel am Ball und hat das gut gelöst“, urteilte der Bundestrainer. Kimmich habe die Position ja schon „in seiner Jugend gespielt“. Jetzt ist er der Mann nach Sami Khedira, den von Löw aufs Altenteil geschickten 2014-Weltmeister.
Kimmich erledigte den Job im Mittelfeld mit Laufstärke, Einsatz, Spielintelligenz und dem Willen, als Juniorchef Verantwortung zu übernehmen. „Ich habe schon oft gesagt, dass ich da spiele, wo ich gebraucht werde. Die Mannschaft weiß, dass ich ihr rechts hinten weiterhelfen kann. Jetzt versuche ich es auf der Sechs“, sagte er und ist gespannt: „Mal schauen, wie der Trainer mit mir plant.“Die Sechs reizt ihn dauerhaft. „Von mir aus gerne öfter“, bestätigte Kimmich.
Insbesondere die Bayern-Kollegen zeigten sich nicht erstaunt über die Selbstverständlichkeit seines Auftritts. „Josh ist ausgebildeter Sechser. Insofern war klar, dass er das kann. Er ist enorm laufstark, ein guter Fußballer. Den kannst du gefühlt überall hinstellen“, sagte Mats Hummels. „Er hat es fehlerlos gelöst. Dass er die Fähigkeiten hat, dort zu spielen, ist keine Neuigkeit“, äußerte Thomas Müller. Kapitän Manuel Neuer legte sich spontan fest: „Ich denke, das ist eine Alternative für die Zukunft.“
Löw könnte mit Kimmichs Positionswechsel dessen Profi-Laufbahn ein zweites Mal maßgeblich beeinflussen. Als er ihn bei der EM 2016 als rechten Verteidiger erfand, trat Kimmich ein Jahr später auch beim FC Bayern die Nachfolge von Philipp Lahm auf dem Posten an. Den Sechser-Test werden auch die Münchner Bosse sehr aufmerksam beobachtet haben. Javi Martínez, Münchens aktueller Sechser, ist gerade 30 geworden. Und im Sommer 2019 soll Benjamin Pavard, der rechte Verteidiger in Frankreichs Weltmeister-Team, vom VfB Stuttgart nach München wechseln. Das könnte Kimmich neue Perspektiven eröffnen.