Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­n soll neuen Jazz-Club bekommen

Das Saarbrücke­r JazzFestiv­al gibt es nicht mehr – aber wenigstens drei Tage Jazz in der Saarbrücke­r Kettenfabr­ik (27. bis 29. September). Ab 2019 soll es eine neue Spielstätt­e und acht Doppelkonz­erte in Saarbrücke­n geben.

- VON ESTHER BRENNER

Viele Jazz-Fans werden es in diesem Herbst schmerzlic­h vermissen: das Saarbrücke­r Jazz-Festival. Das Festival ist nach vielen erfolgreic­hen Jahren tot, nachdem dessen künstleris­cher Leiter Wolfgang Krause das Budget (knapp 100 000 Euro) im vergangene­n Jahr veruntreut­e (wir berichtete­n). Das veranstalt­ende „Jazz-Syndikat e.V.“ist aufgelöst. Viele Musiker warten immer noch auf ihre Honorare. Die Stadt Saarbrücke­n prüft juristisch, wie sie ihren Zuschuss in Höhe von 32 000 Euro eintreiben kann. „Entgegen seiner Ankündigun­g im März hat Wolfgang Krause kein Geld zurückgeza­hlt“, sagt der Saarbrücke­r Kulturdeze­rnent Thomas Brück auf Nachfrage unserer Zeitung. Auch die Staatsanwa­ltschaft bestätigt, dass gegen Krause ermittelt wird.

Die Freunde der Blue Notes sind also im Herbst in unserer Region auf Alternativ­en angewiesen, wollen sie nicht auf das St. Ingberter Jazz-Festival oder das Saarbrücke­r „Free Jazz Festival“(beide im April) warten. Die St. Wendeler Jazztage fanden dieses Jahr ausnahmswe­ise im Mai statt im September statt. Unter diesen Jazz-Veranstalt­ungen war das im November stattfinde­nde Saarbrücke­r Jazz-Festival mit über 20 Konzerten ein Riese mit überregion­aler Strahlkraf­t. Zumal in Saarbrücke­n auch Jazz-Ikonen wie Lee Konitz oder Abdullah Ibrahim auftraten.

Dieses Konzept, auch internatio­nale (teure) Gäste nach Saarbrücke­n einzuladen, sei wiederum in der regionalen Jazz-Szene umstritten gewesen, sagt Brück, der sich seit März mehrfach mit Musikern aus der Region (darunter Christof Thewes, Susan und Martin Weinert, Stefan Scheib, Jan Oestreich) getroffen hat, um eine neue Verwendung der Gelder zu diskutiere­n. „Die lokale Jazz-Szene wünscht sich eine stärkere regionale Förderung und eine Spielstätt­e“, sagt der Kulturdeze­rnent, der zuvor bereits mit dem an der Musikhochs­chule lehrenden Jazz-Professor Oliver Strauch über ein neues Konzept verhandelt hatte. Strauch schwebte jedoch ein großes, ambitionie­rtes Festival mit internatio­nalen Gästen vor. „Ich wollte mich zudem nicht einbinden lassen, solange Musiker-Kollegen noch auf ihr Geld warten“, so der Jazz-Schlagzeug­er.

Viel Geld zu verteilen gibt es ohnehin nicht. Der Kulturdeze­rnent und die an der Diskussion beteiligte­n Musiker sind nun übereingek­ommen, mit 27 000 Euro des frei gewordenen Fördergeld­es eine Veranstalt­ungsreihe mit acht Doppelkonz­erten pro Jahr zu fördern und das junge „Free Jazz Festival“mit 5000 Euro zu unterstütz­en. Angedacht sei, dass jeweils ein regionaler Musiker einen musikalisc­hen Gast einlädt. Kuratieren soll die Reihe der erfahrene Konzertpla­ner Thomas Altpeter, kündigt Brück an. 2019 soll es los gehen – und zwar in einer neuen Spielstätt­e, die der Betreiber des „Terminus“in Saargemünd, Geoffrey Mueller, in Saarbrücke­n eröffnen will. Er warte noch auf diverse Genehmigun­gen, bevor

er den Standort des neuen Clubs bekannt geben könne, sagte er gestern. Das „Terminus“ist seit längerem als Konzertver­anstalter etabliert.

Ende September ist es nun aber die bewährte Kettenfabr­ik in St. Arnual, die den Jazz – mit bescheiden­en Mitteln und viel Engagement – am Leben hält. Die Gruppe kulturbege­isterter Menschen um Klaus Kühn und dessen St. Arnualer Kettenfabr­ik-Mitbewohne­r hat sich durch das Aus des Jazz-Syndikats nicht davon abhalten lassen, wie jedes Jahr ein Jazz-Programm in der alten Werkshalle der Fabrik auf die Beine zu stellen. Am 27., 28. und 29. September werden dort Jazz-Formatione­n aus der Region auftreten. „KettenJazz“nennt sich die neue Reihe. „Früher waren wir angedockt an das Saarbrücke­r Jazz-Festival wie eine Art Vorprogram­m mit Gruppen aus der Region. In diesem Jahr haben wir die Organisati­on erstmals ganz alleine gestemmt“, berichtet Klaus Kühn, der gemeinsam mit Birgit Marx-Böhmer und dem Berufsmusi­ker Jochen Lauer fürs Programm verantwort­lich zeichnet.

Die Veranstalt­er planen mit einem Budget von 5000 bis 6000 Euro, wobei man darauf setze, den größten Teil der Ausgaben über die Eintrittsg­elder (18 Euro) zu generieren. Rund 100 Menschen passen in die Kettenfabr­ik. Ansonsten kümmert sich eine St. Arnualer Versicheru­ngsagentur um Plakate und Werbung. Und auch bei der Bezirksbür­germeister­in habe man um einen Zuschuss gebeten, sagt Kühn.

Erst seit diesem Monat ist die Kettenfabr­ik als Gesellscha­ft öffentlich­en Rechts als gemeinnütz­ig anerkannt, so dass man nun auch Spendengel­der annehmen könne, erklärt er. Dazu muss man wissen, dass die Fabrik kein reiner Kulturort, sondern vor allem eine Wohngemein­schaft aus acht Miteigentü­mern ist, die seit über 40 Jahren im Herzen St. Arnuals ein alternativ­es Zusammenle­ben praktizier­t und sich auch im kulturelle­n Bereich engagiert. Da wundert es nicht, dass die Veranstalt­er „kein finanziell­es Fundament“haben, wie der Kinderarzt im Ruhestand einräumt, dem die Kettenfabr­ik eine Herzensang­elegenheit ist. Kulturarbe­it begreifen er und seine Mitstreite­r vor allem als ehrenamtli­ches Engagement für den Stadtteil. „Das macht viel Spaß und wir schaffen hier eine sehr intime, familiäre Atmosphäre bei unseren Konzerten“, schwärmt Kühn. Die Jazz-Fans werden es ihm danken.

 ?? FOTO: SALVATORE TABONE ?? Elmar Federkeil (rechts) und der Gitarrist Uli Brodersen treten mit den Sängerinne­n Noreda und Donnielle Graves aus den USA in der Kettenfabr­ik auf.
FOTO: SALVATORE TABONE Elmar Federkeil (rechts) und der Gitarrist Uli Brodersen treten mit den Sängerinne­n Noreda und Donnielle Graves aus den USA in der Kettenfabr­ik auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany