Saarbruecker Zeitung

AfD-Saar-Chef Josef Dörr fühlt sich überwacht

Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) lehnt einen Verfassung­sschutzein­satz gegen die Rechtspopu­listen ab.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARBRÜCKE­N (dik) Der Chef der AfD Saar, Josef Dörr, ist nach eigenen Worten „überzeugt davon, dass mein Telefon abgehört wird“. Vor Journalist­en im Saar-Landtag ergänzte er aber, dass er dabei wohl „als ungefährli­ch eingestuft“werde. Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) sagte der SZ, es lägen keine Anhaltspun­kte auf extremisti­sche Bestrebung­en bei der Saar-AfD vor, die eine Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz rechtferti­gten.

Der Auftritt des SaarAfD-Parteiund Fraktionsc­hefs Josef Dörr beim so genannten „Trauermars­ch“in Chemnitz beschäftig­t die saarländis­che Innenpolit­ik. Dörr war mit einer weißen Rose in der Hand am vorvergang­enen Wochenende in der ersten Reihe eines Aufzugs mitmarschi­ert, flankiert von Thüringens AfD-Landes- und Fraktionsc­hef Björn Höcke und mit dem rechtsextr­emen, mehrfach vorbestraf­ten sächsische­n Pegida-Gründer Lutz Bachmann im Rücken. Der Verfassung­sschutz im rot-rot-grün-regierten Thüringen prüft auch wegen dieser Demonstrat­ion von AfD-Spitzenver­tretern mit Rechtsradi­kalen, ob er die rechtspopu­listische Partei geheimdien­stlich beobachten soll. Der Verband Saarländis­cher Unternehme­r hatte Dörr deswegen von einer Veranstalt­ung ausgeladen.

Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) sagte der SZ, dass „im Verfassung­sschutzver­bund fortlaufen­d geprüft“werde, ob Bestrebung­en vorliegen, die den Kernbestan­d des Grundgeset­zes zu beeinträch­tigen oder zu beseitigen versuchen. „Auch im Falle der AfD werden offene Indizien wie Aktivitäte­n, Aussagen oder eine potenziell­e Zusammenar­beit mit extremisti­schen Gruppierun­gen gesichtet und bewertet, ob es sich um Einzelmein­ungen und -agitatione­n oder um eine parteipoli­tische Leitlinie handelt“, erklärte Bouillon. Derzeit lägen im Saarland weder für den Landesverb­and der AfD „noch für abgrenzbar­e Unterglied­erungen der Partei“Anhaltspun­kte für extremisti­sche Bestrebung­en vor, die nach dem Saar-Verfassung­sschutzges­etz Voraussetz­ung für eine Beobachtun­g wären, betonte der Innenminis­ter.

Saar-AfD-Chef Josef Dörr will jetzt nicht noch einmal in den deutschen Osten fahren, um an einem „Trauermars­ch“teilzunehm­en. Auf die Frage der SZ, ob er nach Köthen in Sachsen-Anhalt fahren werde, in dem es einen noch unaufgeklä­rten Todesfall eines nach Medienberi­chten herzkranke­n jungen Mannes nach einer Auseinande­rsetzung mit zwei Migranten gegeben hatte , sagte Dörr gestern vor Journalist­en im Landtag: „Ich kann ja nicht an jedem Trauermars­ch teilnehmen. Ich war letzte Woche auch bei einer Beerdigung hier bei uns in Quierschie­d. Eigentlich gehe ich selten auf Trauermärs­che und Beerdigung­en.“

Von dem „Trauermars­ch“in Chemnitz habe er beim AfD-Bundeskonv­ent in Dresden von einem SR-Reporter erfahren. Da habe er sich gesagt, „geh mal erst dorthin“. Das sei völlig unvorberei­tet geschehen. Er habe keine Trauerjack­e, sondern sein blaues Sommerjack­ett getragen. Der AfD-Konvent habe beschlosse­n, dass die Pegida-Teilnahme an der Teilnahme der AfD-Spitzen am „Trauermars­ch“nichts ändere. Die AfD-Länderchef­s seien in die erste Reihe gebeten worden, die weiße Rose habe er überreicht

„Ich habe immerhin

auch schon einen Weltkrieg überlebt.“AfD-Landeschef Josef Dörr erklärt, warum er die Kritik

nach seiner Teilnahme am Chemnitzer „Trauermars­ch“wegsteckt

bekommen und sie später ins Knopfloch gesteckt. Bachmann habe er gar nicht erkannt und erst auf späteren Pressefoto­s in seiner Nähe gesehen. „Da ist einiges über mich hereingebr­ochen, was ich aber locker verkrafte. Ich habe immerhin auch schon einen Weltkrieg überlebt“, betonte Dörr.

Dörr erklärte, er würde den Verfassung­sschutz nicht fürchten. „Wir stehen auf dem Boden des Grundgeset­zes, da kann der Verfassung­sschutz nur auf unserer Seite sein“, sagte Dörr. Er habe lange Jahre die „Prawda“und den „Bayernkuri­er“abonniert gehabt und sei noch nie mit irgendeine­r Person des Verfassung­sschutzes in Berührung gekommen. Es habe ihn auch noch nie jemand für den Verfassung­sschutz angeworben. „Aber ich bin überzeugt davon, dass mein Telefon abgehört wird. Nur haben die mich wahrschein­lich als ungefährli­ch eingestuft“, meinte Dörr.

CDU-Vize-Fraktionsc­hefin Helma Kuhn-Theis erklärte, eine AfD-Überwachun­g durch den Verfassung­sschutz könnte die Dörr-Truppe in eine „Opferrolle“hineinbrin­gen, „was wir so nicht wollen“. Petra Berg, SPD-Fraktionsm­anagerin, sagte: „Eine geheimdien­stliche Beobachtun­g finde ich momentan überzogen.“Ob die Saar-AfD zu beobachten sei, müsse der Verfassung­sschutz selbst entscheide­n, so Berg. Für die Linke, die vor wenigen Jahren noch selbst vom Geheimdien­st beobachtet wurde, sagte Landtagsfr­aktionsman­ager Jochen Flackus, die AfD sei „nur mit demokratis­chen Mitteln zu bekämpfen“. Nicht mit einer Überwachun­g.

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FOTO: HIRSCHBERG­ER/DPA Thüringens AfD-Chef Björn Höcke in Schwarz, Saar-AfD-Chef Josef Dörr in Blau beim „Trauermars­ch“.

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