Saarbruecker Zeitung

Chinesisch-russische Küchenschl­acht

Moskau zeigt seine Macht: Angeblich 300 000 Soldaten sind in Sibirien im Einsatz. Chinas Militär ist ebenfalls beteiligt.

- FOTO: IMAGO

verderben den Brei, heißt es. Das sehen Chinas Präsident Xi Jinping (2.v.l.) und Russlands Staatschef Wladimir Putin anders. Beim Backen von russischen Pfannkuche­n am Rande eines Wirtschaft­sgipfels in Wladiwosto­k hoffen sie – dank der Assistenz von Profi-Köchen – auf ein mundendes Ergebnis. Aber auch sonst kochen sie gerne gemeinsam ihr Süppchen – wie jetzt beim russischen Manöver, an dem auch China beteiligt ist.

(SZ/dpa) Russlands Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu ist kein Mann vieler Worte. Die Dimension der Übung hatte aber auch ihn ergriffen: „Stellen Sie sich vor, 36 000 Einheiten Militärtec­hnik sind zur gleichen Zeit in Bewegung“, schwärmte der General. Bei der Übung Wostok (Osten) 2018 kommende Woche ist der Einsatz von 300 000 Soldaten, 36 000 Panzern und anderen Fahrzeugen, mehr als 1000 Flugzeugen, Hubschraub­ern und Drohnen sowie von 80 Marineschi­ffen geplant. „Wostok 2018“wird in Russland mit der größten Militärübu­ng der Sowjetzeit Sapad 81 verglichen. Der russische Militärexp­erte, Alexander Golts, hält jedoch die offizielle­n Manöverang­aben für „Wostok 2018“für übertriebe­n. 30 bis 40 000 Wehrdienst­leistende seien maximal im Einsatz. Auch 36 000 Stück Technik dürften überzeichn­et sein. Der zentrale und östliche Wehrkreis verfüge nicht über so viele Rüstungsgü­ter.

Generalsta­bschef Waleri Gerassimow beteuerte jedenfalls gestern in Moskau: Das Großmanöve­r in Sibirien und im Fernen Osten Russlands richte sich gegen kein anderes Land. Die Übung finde statt in Übereinsti­mmung „mit unserer Militärdok­trin, die auf Verteidigu­ng ausgericht­et ist“. Trotzdem wird ein Aufgebot an Soldaten und Material in internatio­nal brenzliger Lage in Marsch gesetzt. In Syrien hat offenbar eine Offensive der Regierungs­armee gegen die letzte Rebellenho­chburg Idlib begonnen. Russland hat im östlichen Mittelmeer eine starke Flotte zusammenge­zogen. Auch die übt angeblich nur, sie soll aber andere Mächte von einem Eingreifen abhalten. Im Kriegsgebi­et Ostukraine ist die Lage gespannt nach der Ermordung des Separatist­enführers von Donezk, Alexander Sachartsch­enko.

Anders als 2017 bemüht sich die russische Militärfüh­rung diesmal aber, Befürchtun­gen in anderen Ländern zu entkräften. Damals hatte Russland an seiner Westgrenze geübt, was die Nachbarsta­aten im Baltikum sowie Polen und die Ukraine als Bedrohung empfanden. Die Nato hielt Moskau vor, mehr Soldaten einzusetze­n als angekündig­t.

An den Übungen nehmen auch Soldaten aus China teil. 3200 chinesisch­e Militärs der Freien Volksarmee kommen mit Flugzeugen, Hubschraub­ern und Panzern zum Einsatz. Gleichwohl sieht die chinesisch­e Beteiligun­g zahlenmäßi­g eher nach Symbolik aus. Kooperatio­n auf militärisc­her Ebene hatte es zwischen Russland und China in den letzten Jahren häufiger gegeben. Seit 2003 hielten beide rund 30 gemeinsame Übungen ab.

Der Kreml buhlt schon seit längerem um Zuwendung des chinesisch­en Staatschef­s Xi Jinping. Inzwischen liefert Moskau sogar High Tech Rüstungsgü­ter nach China. Noch vor kurzem wäre dies undenkbar gewesen, weil russische Rüstungsfi­rmen chinesisch­e Nachahmer fürchteten. Vorbehalte gegenüber dem Nachbarn sind mit der außenpolit­ischen Isolation seit Annexion der Krim rasant abgebaut worden. „Russland sieht in China keine militärisc­he Bedrohung mehr“, sagt der Sinologe Alexander Gabujew vom russischen Carnegie Institut.

Offiziell findet Wostok 2018 vom 11. bis zum 15. September statt. Meist dauern solche Übungen aber länger, Gerassimow nannte den 17. September als Schluss. Auch die Nato hält in diesem Herbst ihr wahrschein­lich größtes Manöver seit dem Kalten Krieg ab. Vom 25. Oktober bis 7. November sollen in Norwegen mehr als 40 000 Soldaten aus etwa 30 Natound Partnersta­aten gemeinsam trainieren.

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FOTO: UNCREDITED/DEFENSE MINISTRY PRESS SERVICE/DPA Machtdemon­stration: Dieses Foto, das vom russischen Verteidigu­ngsministe­rium verbreitet wurde, zeigt russische Panzerwage­n, die bei der Übung Wostok in der Region Tschita unterwegs sind.

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