Saarbruecker Zeitung

Deutschlan­ds „Mister Warenhaus“

Mit harter Hand hat er Karstadt vor dem Ruin bewahrt. Jetzt muss sich Stephan Fanderl erneut beweisen.

- VON ERICH REIMANN

(dpa) Es ist kein offizielle­r Titel. Aber mit einigem Recht kann sich Stephan Fanderl ab sofort der neue deutsche „Mr. Warenhaus“nennen. Unter seiner Führung soll der langgehegt­e Traum von der Deutschen Warenhaus AG Wirklichke­it werden. Die Grundlagen dafür hat der 54 Jahre alte Manager in mühsamer Arbeit bei Karstadt gelegt. Als der aus einer Ingolstädt­er Kaufmannsf­amilie stammende Fanderl 2014 das Ruder bei dem Essener Unternehme­n übernahm, war das wahrschein­lich der schwierigs­te Job, der im deutschen Einzelhand­el zu vergeben war. Nach der Pleite des Mutterkonz­erns Arcandor hatten sich unter dem nächsten Eigentümer, dem Investor Nicolas Berggruen, die Probleme eher noch verschärft. Am Ende musste Berggruen Karstadt für den symbolisch­en Preis von einem Euro an die Signa-Holding des österreich­ischen Investors René Benko verkaufen.

Fanderl – bis zu diesem Zeitpunkt Aufsichtsr­atschef – übernahm auf Bitte von Benko den Vorstandsv­orsitz bei Karstadt. Er fing an, den Konzern umzukrempe­ln. Dabei begann er ganz oben. Die Vorstandsb­üros in der Zentrale wurden abgeschaff­t, stattdesse­n saßen plötzlich die Top-Manager im Großraumbü­ro.

Gleichzeit­ig verordnete Fanderl eine harte Sanierung, zu der auch der Abbau zahlreiche­r Stellen und Filialschl­ießungen gehörten. Bei der Gewerkscha­ft stieß das auf heftigen Widerstand. Die Mitarbeite­r würden für Management-Fehler bestraft, klagte Verdi.

Der neue Chef räumte aber auch mit dem Marken-Wirrwarr auf und ließ Flächen an externe Händler vermieten. Bei der Sanierungs­arbeit kam ihm zugute, dass er den Einzelhand­el als Sohn eines Edeka-Händlers von Kindesbein­en an erlebt hat. „Dass er Handel kann, merken Mitarbeite­r beim ersten Besuch in der Filiale“, zitierte das Fachblatt „Textilwirt­schaft“eine Stimme aus Fanderls Umfeld. „Der bleibt beim ersten Warenträge­r stehen und sagt den Mitarbeite­rn, wo der Fehler ist.“

Die Akribie machte sich bezahlt. Für das Geschäftsj­ahr 2016/2017 wies das Unternehme­n mit seinen 79 Warenhäuse­rn erstmals seit zwölf Jahren wieder einen Gewinn aus: 1,4 Millionen Euro. „Karstadt geht es finanziell so gut wie die letzten 15 Jahre nicht mehr“, sagte Fanderl im Frühjahr dem „Handelsbla­tt“. Inzwischen plant Karstadt nach rund 30 Jahren sogar wieder die Eröffnung zweier neuer Filialen in Berlin. Der Erfolg wirkt umso beeindruck­ender, weil der lange Zeit deutlich erfolgreic­here Konkurrent Kaufhof gleichzeit­ig in die roten Zahlen rutschte. Ein Problem, das jetzt Fanderl lösen muss.

Dass die Fusion nun der Königsweg ist, steht für Fanderl fest. Immer wieder betonte er: „Die industriel­le Logik in diesem Geschäft hat sich seit Jahren nicht verändert. Sie spricht für ein einziges Warenhaus-Unternehme­n in Deutschlan­d.“Viele Mitarbeite­r dürften allerdings sorgenvoll in die Zukunft blicken. Schließlic­h hat „Mr. Warenhaus“schon bei Karstadt bewiesen, dass er auch zu harten Einschnitt­en bereit ist.

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FOTO:IMAGO/VIENNAREPO­RT Er soll den künftigen Warenhaus-Riesen führen: Karstadt-Chef Stephan Fanderl.

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