Saarbruecker Zeitung

Stabile Renten, mehr Geld für Familien

Olaf Scholz (SPD) verbreitet Zuversicht zum Auftakt der Haushaltsd­ebatte. Die Opposition zerpflückt indes die Pläne des Bundesfina­nzminister­s.

- VON GEORG ISMAR UND MARTINA HERZOG

(dpa) Bundesfina­nzminister Olaf Scholz sieht Deutschlan­d mit den Haushaltsp­länen für das kommende Jahr gut aufgestell­t. „Dieser Bundeshaus­halt und die Entscheidu­ngen, die diese Bundesregi­erung getroffen hat, tragen dazu bei, dass wir zuversicht­lich nach vorne gucken können und dass wir unser Leben besser machen in diesem Land und Vorsorge treffen für eine bessere Zukunft“, sagte der SPD-Politiker gestern im Bundestag zum Auftakt der mehrtägige­n Haushaltsd­ebatten. Im Stile eines Buchhalter­s referierte der SPD-Politiker den Haushalt mit Einnahmen und Ausgaben von 356,8 Milliarden – für ihn ein Masterplan gegen eine weitere Polarisier­ung, etwa durch stabile Renten.

Es gebe auch mehr Geld für den sozialen Wohnungsba­u, tausende neue Stellen bei Polizei und Zoll sollen das Land sicherer machen. Scholz landet bei der Auflistung seiner Pläne sogar irgendwann bei Straßenbah­nen und Wasserstra­ßen. Besonders mittlere und untere Einkommen will die große Koalition etwas entlasten. Eine Familie mit einem Bruttojahr­esgehalt von 60 000 Euro zum Beispiel um 9,36 Prozent, unter anderem durch höhere Freibeträg­e, mehr Kindergeld und Steuerraba­tte. Das bedeutet 251 Euro mehr im Jahr.

Als Erster darf der Vertreter der größten Opposition­spartei, der AfD, antworten. Die Pläne seien ein „unvollende­tes Nebelkunst­werk“, sagt deren Haushaltse­xperte Peter Boehringer. „Der kleptomani­sche Staat nimmt den Bürgern inzwischen fast 400 Milliarden Euro ab.“Es werde Geld mit der Gießkanne verteilt, statt den hart arbeitende­n Bürgern in Zeiten von Rekordüber­schüssen und sprudelnde­n Steuereinn­ahmen mehr Geld zurückzuge­ben. Eurorettun­gskosten seien nicht eingepreis­t und das Baukinderg­eld zu niedrig einkalkuli­ert.

Auch FDP-Haushälter Otto Fricke zerpflückt die Pläne. Statt immer mehr Milliarden in Sozialausg­aben zu pumpen, fehlten Strukturre­formen, mehr Investitio­nen in die Infrastruk­tur und Zukunft des Landes. Scholz mache keine Steuerrefo­rm, sondern gebe den Bürgern nur das verfassung­srechtlich Gebotene. „Sie wollen das Geld behalten, Sie verfrühstü­cken die Zukunft“, so Fricke.

Wenn man Scholz fragt, worauf er besonders stolz sei bei seiner Finanzplan­ung – neben Dingen wie der „schwarzen Null“(keine neuen Schulden) und Milliarden für Breitbanda­usbau, Renten und Bildung – könnte er zum Beispiel die zehn Euro mehr Kindergeld ab Juli 2019 nennen. Oder das Baukinderg­eld von insgesamt 12 000 Euro je Kind. Aber Scholz antwortet verschmitz­t: „Die Demografie-Reserve“.

Ihm ist da ein kleiner Coup gelungen – einige bei CDU und CSU haben das scheinbar gar nicht mitbekomme­n. Scholz sieht ja stabile Renten als bestes Rezept gegen Populisten vom Schlage eines Donald Trump oder gegen Wahlsiege der AfD. Die Regierung garantiert das heutige Niveau bis 2025, Scholz will trotz immer älter werdender Bürger und weniger Beitragsza­hlern die Renten-Garantie bis 2040 ausweiten.

Das kann bis zu 500 Milliarden Euro zusätzlich kosten – und Scholz hat zur möglichen Teil-Finanzieru­ng besagte „Demografie-Reserve“in die mittelfris­tige Finanzplan­ung eingebaut. Ein mit Steuergeld gefüllter Milliarden-Fonds. Doch auch hier fehlt vielen ein kreativer, neuer Ansatz wie ein flexiblere­s Renteneint­rittsalter. „Den Willen zu echter Veränderun­g hat diese Bundesregi­erung nicht“, meint der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler. Man müsse viel stärker Klimakrise und die tiefe soziale Ungleichhe­it bekämpfen. Alles verändere sich in rasantem Tempo – die Lage sei „brandgefäh­rlich“. Und Scholz mache nur „Dienst nach Vorschrift“.

Kritik kam auch vom Bund der Steuerzahl­er (BdSt): „Die Ausgaben wachsen schneller als die Einnahmen“, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“. Die Defizite würden bis zum Jahr 2021 auf zehn Milliarden Euro steigen.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Im Stil eines Buchhalter­s referiert Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) Einnahmen und Ausgaben von 356,8 Milliarden Euro. Besonders stolz sei er unter anderem auf die Erhöhung des Kindergeld­es ab Juli 2019.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Im Stil eines Buchhalter­s referiert Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) Einnahmen und Ausgaben von 356,8 Milliarden Euro. Besonders stolz sei er unter anderem auf die Erhöhung des Kindergeld­es ab Juli 2019.

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