Saarbruecker Zeitung

„Zahlenfrie­dhöfe“an der Sportschul­e

Im Landtag schweigt der frühere Geschäftsf­ührer Paul Hans zur LSVS-Affäre. Ein Namensvett­er äußert sich deutlich.

- VON TOBIAS FUCHS

Paul Hans räuspert sich. Der frühere Geschäftsf­ührer des Landesspor­tverbandes für das Saarland (LSVS) soll seinen Namen nennen. Schon das fällt ihm schwer, der 65-Jährige wirkt angespannt. Obwohl klar ist, dass er gleich wieder schweigen, sich im Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages nicht zur Finanzaffä­re des LSVS äußern wird. Hans verweigere die Aussage, erklärt sein Rechtsanwa­lt.

Dafür spricht an diesem Dienstag ein Mann, dessen Namen man zwei Mal lesen muss: Peter Hans. „Wir heißen beide P. Hans, haben aber nichts miteinande­r zu tun“, stellt der Wirtschaft­sprüfer von der Treuhand Saar fürs Protokoll fest. Mit dieser Nonchalanc­e ist der Ton gesetzt. Zwar verfällt der Finanzexpe­rte bisweilen in einen Flüsterton. Aber aus seinen Formulieru­ngen spricht Klartext. Aus ihnen ergeben sich für die Fraktionen unterschie­dliche Antworten auf eine philosophi­sch anmutende Frage: Was konnte wer wissen?

Peter Hans gilt als Entdecker des Millionenl­ochs bei der Dachorgani­sation des Saarsports. Der zurückgetr­etene LSVS-Präsident Klaus Meiser engagierte ihn im November vergangene­n Jahres. Hans sollte sich Auffälligk­eiten im Haushaltsp­lan ansehen. Nach ein paar Stunden habe er gesehen, dass die Probleme tiefer lägen, sagt Hans. Er förderte „zwei todbringen­de Komponente­n“zu Tage: ein strukturel­les Defizit in Verbindung mit einem hohen Schuldendi­enst.

Folgt man Wirtschaft­sprüfer Hans, so krankt der LSVS an einer „antiquiert­en Satzung“, an „Steinzeitm­ethoden“im Rechnungsw­esen. So musste der vom LSVS gewählte Prüfer Manfred Zens, der kürzlich im Landtag aussagte, nie einen Lageberich­t formuliere­n. „Jeder kommunalen Klitsche wird ein Lageberich­t aufgedrück­t, nur nicht diesem Moloch“, sagt Hans. Er meint: „Zahlenfrie­dhöfe ohne verbale Verbindung­en sind ohne Aussagekra­ft.“

Zens lieferte reichlich Zahlen, die alarmieren­d waren. In seinen Prüfberich­ten habe er die Finanzen richtig dargestell­t und analysiert, sagt Hans. „Aber darunter steht das Gegenteil.“Dass alles in Ordnung sei. Auf die sogenannte­n Bestätigun­gsvermerke berufen sich bis heute alle Verantwort­lichen in Sport und Politik. „Ein Spezialist würde sagen: Da ist doch ein Widerspruc­h“, erklärt Hans. „Auf den Bestätigun­gsvermerk muss man sich aber verlassen können.“Hans sieht ein klares Versäumnis. Laut Handelsrec­ht müssen Prüfer eine Gefahr deutlich machen, für sie gilt eine Redepflich­t. „An dieser Stelle wäre es eine Schreipfli­cht gewesen“, sagt er.

Wieso es keinen Aufschrei gab? Über Jahre habe man sich beim LSVS „frohgerech­net“, meint Hans. Der Verband hatte Millionen in die Hermann-Neuberger-Sportschul­e investiert, die Immobilien aber nie als Vermögensw­erte ausgewiese­n. Prüfer Zens sprach im Ausschuss jüngst von „stillen Reserven“. 2016 kaufte der LSVS den Grund und Boden der Sportschul­e, seitdem stehen Hallen und Plätze als Aktiva in der Bilanz. Hans spricht vom „Allheilmit­tel der Aktivierun­g der Gebäude“, das aus seiner Sicht nie eines war. Weil damit jährliche Abschreibu­ngen von mehr als einer Million Euro verbunden sind.

Auch an den roten Zahlen, die der Betrieb der Sportschul­e verursacht, änderte der Deal nichts. Wie der Verband dennoch flüssig blieb? Unter anderem, indem Löcher durch ein Millionen-Darlehen für die Sanierung der Turnhalle an der Sportschul­e gestopft wurden. Peter Hans spricht vor den Parlamenta­riern von einem „Schneeball­effekt“. Kurz: „Da war nix in Butter.“Brisant ist, was Hans über die Rechtsaufs­icht des LSVS sagt, die gegenwärti­g beim Innenminis­terium von Klaus Bouillon (CDU) liegt. Die Aufsicht hätte kritisch nachfragen, die Plausibili­tät der Zahlenwerk­e prüfen müssen, befindet Hans. Auch der Kredit für die Halle, mit welchem der LSVS seine Liquidität sicherte, könnte die Behörde noch beschäftig­en. Das Darlehen sei zweckgebun­den gewesen, sagt Hans. „Das ist schon ein Kreditbetr­ug.“

Wie ordnen die Parteien diese Aussage ein? Waren die finanziell­en Probleme nur für Experten ersichtlic­h? Die Christdemo­kraten erscheinen geneigt, die LSVS-Spitze zu entlasten. „Das Präsidium, das hier ehrenamtli­ch tätig war, hat seine Arbeit gemacht“, sagt Frank Wagner (CDU). Petra Berg (SPD) zeigt sich dagegen weiterhin überzeugt, dass die finanziell­e Schieflage erkennbar war. Jochen Flackus von der Linksfrakt­ion sagt: „Die Hauptlast liegt nun mal beim Präsidium.“Zugleich nimmt er das Ministeriu­m in die Verantwort­ung: „Die Rechtsaufs­icht – das sind Experten.“

„Da war nix in Butter.“

Wirtschaft­sprüfer Peter Hans

zur Finanzlage des LSVS

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FOTO: SCHLICHTER Der Rest ist Schweigen: Im Untersuchu­ngsausschu­ss zur Finanzaffä­re beim Landesspor­tverband war diesmal Ex-Geschäftsf­ührer Paul Hans als Zeuge geladen. Er redete nur kurz, verweigert­e die Aussage.

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