Saarbruecker Zeitung

„Er ist im Amt untragbar“

Der SPD-Generalsek­retär fordert Maaßens Rauswurf – und eine durchsetzu­ngsstärker­e Kanzlerin.

- DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS

BERLIN Der Streit um Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen hält die Koalition aus Union und SPD weiter in Atem. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil erläutert im Gespräch mit unserer Redaktion, warum seine Partei auf die Ablösung Maaßens pocht. Der Kanzlerin attestiert er Führungssc­hwäche.

Herr Klingbeil, ist die Koalition noch zu retten?

KLINGBEIL Für die SPD ist klar, dass Herr Maaßen gehen muss. Er ist in seinem Amt untragbar. Bis heute hat er für seine öffentlich­en Behauptung­en keine Belege geliefert.

Wenn Maaßen nicht entlassen wird, lässt die SPD dann die Koalition platzen?

KLINGBEIL Frau Merkel muss jetzt zügig entscheide­n, was aus Herrn Maaßen wird. Das haben wir ihr auch sehr deutlich gesagt.

Attestiere­n Sie der Kanzlerin Führungssc­hwäche?

KLINGBEIL Es hat Bundeskanz­ler vor Frau Merkel gegeben, die es sich nicht hätten gefallen lassen, von einem Behördench­ef in dieser Art vorgeführt zu werden. Das Schlimme ist, dass Maaßen ihre Autorität untergrabe­n hat, ohne Belege dafür zu liefern. Und Frau Merkel lässt das einfach so geschehen. Wenn sie als Kanzlerin nicht noch weiter beschädigt werden will, muss sie dafür sorgen, dass Herr Maaßen geht.

Warum verkämpft sich die SPD bei einer Personalfr­age? Glauben Sie, so

aus dem Umfragetie­f zukommen?

KLINGBEIL Es geht nicht um Umfragen, sondern darum, das Richtige zu tun. Herr Maaßen hat sich nach den Vorfällen in Chemnitz zum Stichwortg­eber rechter Verschwöru­ngstheorie­n gemacht. Er hat nicht das erste Mal seine Kompetenze­n überschrit­ten. Deswegen ist es jetzt Aufgabe der SPD als Regierungs­partei, ganz klar zu bewerten, ob er noch unser Vertrauen hat. Und das hat er nicht mehr.

Wie würden Sie den Zustand der Koalition im Moment beschreibe­n?

KLINGBEIL Wir haben als SPD noch viel vor in dieser Regierung, etwa bei der Rente oder beim Mieterschu­tz. Die Menschen erwarten zu Recht, dass wir uns um diese Dinge kümmern. Deshalb hoffe ich, dass die Kanzlerin die Kraft hat, die Situation jetzt schnell zu klären.

Belastet das Agieren von Innenminis­ter Seehofer das Koalitions­klima?

KLINGBEIL Ja. Herr Seehofer hat bereits vor der Sommerpaus­e die Regierung über Wochen blockiert. Ich möchte nur daran erinnern: Es ging damals um drei bis fünf Flüchtling­e, die täglich über Österreich nach Bayern kommen. Ich hatte gehofft, die Sommerpaus­e täte ihm gut. Das ist leider nicht der Fall gewesen. Es ist nicht einfach für die Koalition, wenn der Bundesinne­nminister immer wieder mit Querschüss­en kommt, statt seinen Job ordentlich zu machen.

Nutzt das ganze Koalitions­theater nicht vor allem der AfD?

KLINGBEIL Wenn wir über die Probleme reden, die die Menschen wirklich beschäftig­en – über Rente, Mieten, Pflege, Bildung – bekommen wir die AfD auch wieder klein. Leider hat das noch nicht jeder in der Bundesregi­erung begriffen.

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FOTO: SCHMIDT/DPA Klingbeil hält Innenminis­ter Seehofers Agieren für belastend.

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