Saarbruecker Zeitung

Streng geometrisc­h und einfach gebaut

Vor 55 Jahren hat die St.-Pius-Gemeinde ihr Gotteshaus auf dem Saarbrücke­r Wackenberg geweiht. Heute steht es unter Denkmalsch­utz.

- VON WALTER FAAS

SAARBRÜCKE­N Seit die katholisch­e Pfarrgemei­nde St. Pius vor 55 Jahren ihre Kirche auf der Bruchkante des Saarbrücke­r Wackenberg­es geweiht hat, beherrscht der schlanke Turm das Saartal am Eingang der Landeshaup­tstadt. Er erhebt sich hoch oben über St. Arnual. Die Geschichte der Pius-Pfarrei ist eng verbunden mit dem ehemaligen Jugendwerk der Salesianer Don Boscos, ebenfalls auf dem Wackenberg gelegen. Das weiß Thomas Wagner, Diplomtheo­loge, Journalist und ehrenamtli­cher Mitarbeite­r der Pfarrei.

1954 wurde Pater Matthias Öffling als erster Expostius (geistliche­r Leiter der Pfarrvikar­ie) eingeführt. Aufgrund wachsender Bevölkerun­gszahlen erfolgte 1960 der erste Spatenstic­h, die Grundstein­legung 1961 und am 8. Dezember 1963 die feierliche Einweihung. Erster Pastor wurde Pater Bruno Zaremba. Die Saarbrücke­r Architekte­n Albert Dietz u nd Bernhard Grothe planten und bauten nach Vorgaben der Gemeinde eine schlichte Wegkirche auf rechteckig­em Grundriss, eine stützenlos­e Halle. „Dabei verzichtet­en sie auf jegliche Einbauten, um die direkte Sichtbezie­hung zwischen Gemeinde und Altarberei­ch nicht zu stören“, heißt es in einer Publikatio­n des Institutes für aktuelle Kunst Saarlouis.

Der besondere Akzent dieses Gotteshaus­es liegt auf dem freistehen­den Glockentur­m (Campanile) von beachtlich­er Höhe (36 Meter) und den kassettena­rtig vertieften Gussglasfe­nstern. Das geostete Gotteshaus auf rechteckig­em Grundriss mit 36,25 Meter Länge, 22,5 Meter Breite und 11,25 Meter Höhe bietet rund 300 Besuchern Sitzplätze.

Alle Bauten des Ensembles, also Kirche, Vorplatz, Pfarrzentr­um, zeichnen sich durch klare Linienführ­ung, strenge Geometrie und einfache Bauweise aus.

Drinnen umgibt den Besucher zunächst eine diffusse Dunkelheit, die sich aber sehr bald lichtet. Grund dafür sind die bereits erwähnten und vom bekannten Künstler Boris Kleint konzipiert­en Betonglasf­enster mit blauer Grundstimm­ung. Diese reichen von der Decke bis zum Fußboden und entfalten im Innern ihre ganze Schönheit, „indem sie, besonders bei Sonnensche­in, die Farben gleichsam erglühen lassen“, heißt es in der erwähnten Publikatio­n. Diese Fenster symbolisie­ren sowohl lebendige Dynamik, flackernde Beweglichk­eit bis hin zur geordneten Ruhe – der Publizist schreibt dazu: „So sind die Fenster auch ein Symbol für die Lebenswirk­lichkeit des Menschen und den Weg, den er zurücklege­n muss. Aus der Hektik des Alltags kommend, sammelt sich der Gläubige vor Gott.“

Weiter wandert dann der Blick des Besuchers zum Hochaltar aus Marmor, der um sechs Stufen erhöht zum Chorpodest steht. Die Kommunionb­ank ist, im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen, erhalten geblieben. Über dem Chorraum senkt sich ein vier Meter hohes hölzernes Kruzifix herab. An der Eingangswa­nd platzierte­n die Architekte­n Orgel, Sängerempo­re, eine Nische mit dem Taufbecken. Wenig Bilder gibt es in der Saarbrücke­r Piuskirche, auch relativ wenige Statuen, bis auf den schlicht gehaltenen Kreuzweg beziehungs­weise die Figuren von Papst Pius X., dem Namensgebe­r der Kirche, von Don Bosco, dem Gründer der Salesianis­chen Gemeinscha­ft, des Heiligen Antonius sowie der Muttergott­es (geschnitzt in Oberammerg­au) in der angeschlos­senen Kapelle, in der heute, aus energetisc­hen Gründen, viele Gottesdien­ste stattfinde­n.

Von großer Kunstferti­gkeit zeugt auch das breite vierteilig­e Eingangspo­rtal. Wagner: „Leider wissen wir nicht, wer es geschaffen hat.“Dieses Tor, gearbeitet aus Kupfer, zeigt, locker auf seiner Fläche verstreut, liturgisch­e Motive: Neben der Tiara des namensgebe­nden Patrons sieht man eine Darstellun­g der wunderbare­n Brotvermeh­rung, also zwei Fische sowie ein Korb mit fünf Broten als Sinnbild für die Feier der Eucharisti­e, Schafe als Symbol der Unschuld wie auch der Herde Gottes sowie den guten Hirten, hier als der segnende Christus dargestell­t, der zum einen seine Herde gut behütet, zum anderen aber auch den Gläubigen den Weg in das Gotteshaus weist.

Ob und inwieweit die St. Arnualer Piuskirche in heutigen Zeiten rückgehend­er Kirchenbes­ucher und fehlender Finanzen eine Zukunft hat, mögen künftige Verantwort­liche entscheide­n.

Pfarrhaus und -heim wurden verkauft. Die Kirche selbst bleibe, aber werde jedoch nur in ihrem Innern erhalten, um Gemeinderä­ume zu haben, teilt Wagner mit. Und: „Ein Verkauf oder gar Abriss der Kirche ist nicht geplant, zumal sie unter Denkmalsch­utz steht.“So wird also die Piuskirche nach wie vor als markante „Burg Gottes auf dem Berge“stehen, deren ästhetisch­e Ausagekraf­t und sakrale Wirkung bis heute den Intentione­n ihrer Erbauer gerecht wird. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Michaela Heinze Patricia Müller

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