Wie die Rechtspopulisten die Lücken der „Altparteien“füllen
Bayern und Hessen haben die einzigen Parlamente, in denen die AfD noch nicht sitzt. Das könnte sich am 14. beziehungsweise 28. Oktober ändern.
(dpa) Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen wird die AfD aller Voraussicht nach in allen Landesparlamenten in Deutschland sitzen. Ein Blick in die 14 anderen Volksvertretungen:
In der Mehrzahl der Landesparlamente ist die AfD-Fraktion nicht mehr das, was sie beim Einzug war. Während in Brandenburg bloß der Wechsel von AfD-Chef Alexander Gauland in den Bundestag für die Veränderung verantwortlich war, schmiss die Hamburger Fraktion den immer wieder durch rechtspopulistische Ausfälle aufgefallenen Ludwig Flocken raus. In der Hansestadt war die AfD 2015 zum ersten Mal in ein westdeutsches Parlament eingezogen. In Mecklenburg-Vorpommern trennte sich die Fraktion von einem Mitglied wegen gewaltverherrlichender Aussagen.
Dort sowie in Bremen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Nordrhein-Westfalen verließen Abgeordnete zudem freiwillig die Fraktion, wechselten zu anderen Parteien, gründeten neue Gruppierungen oder nehmen seither fraktionslos am parlamentarischen Geschehen teil. Prominentestes Beispiel ist die einstige AfD-Bundeschefin Frauke Petry in Sachsen.
Kein halbes Jahr nach der Wahl zerbrach die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg am Konflikt über den Umgang mit einem Abgeordneten wegen antisemitischer Äußerungen. Der damalige Fraktionschef Jörg Meuthen verlangte den Ausschluss des Mannes, fand dafür aber keine Mehrheit und gründete eine eigene Fraktion. Inhaltlich geht es bei der AfD oft um Migration und Innere Sicherheit – aber nicht nur. AfD-Abgeordnete etwa in NRW und Schleswig-Holstein treten vergleichsweise moderat auf – und fallen vor allem durch zahlreiche Anfragen auf. Die Kollegen in Berlin erarbeiteten umfassende Konzepte für Verkehr und Bildung. Bei Anträgen der sächsischen AfD geht es auch um den Schutz ungeborenen Lebens sowie Fachkräfte- und Lehrermangel. Auch in Schwerin bedient die AfD ein breites Spektrum: von Agrar-, über Klimabis zur Gesundheitspolitik.
Doch laufen Anträge der AfD in manchem Landtag oft auf das Thema Flüchtlinge hinaus, auch wenn es vordergründig um etwas anderes geht. Oder es geht um das „Versagen der Altparteien“. Generell ist der Ton seit dem Einzug der AfD schärfer geworden. So gehören zum Rede-Repertoire des einzig verbliebenen AfDlers in der Bremischen Bürgerschaft, Alexander Tassis, Worte wie „lügnerisches Merkelantentum“. Nach den Vorfällen in Chemnitz sprach der schleswig-holsteinische Fraktionschef Jörg Nobis von „Lügenpresse“. Der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge drohte im Mai gegenüber den anderen Parteien: „Ihr werdet euren lächerlichen Kampf gegen Rechts verlieren, weil die Realität immer schon rechts war.“Und im Landtag von Düsseldorf doziert ein promovierter Mathematiker, dass „linksgrüne Umwelt-Ideologen“es mit dem vermeintlichem Klimawandel total übertreiben würden. Kritik gibt es vielerorts darüber hinaus an Kontakten von AfD-Abgeordneten in die rechte Szene.
Je nach Interessenlage stimmt die AfD mit den anderen oder auch dagegen. Vertreter der Regierungsfraktionen im Saarland kritisieren gelegentlich mangelnde Mitarbeit der AfD in den Ausschüssen.
Bei manchen Themen sind sich CDU und AfD zum Beispiel in Rheinland-Pfalz inhaltlich ähnlich. Dass beide für ein Thema stimmen, kommt vor – etwa bei der Forderung nach schneller Abschiebung straffälliger Flüchtlinge. AfD ist also nicht gleich AfD. Es lässt sich schwer absehen, was die Parlamente in München und Wiesbaden erwartet.