Saarbruecker Zeitung

Weiße Rosen als Protest gegen AfD

Landtagsfr­aktionen stimmen neuer Regelung für Schmerzens­geld bei Polizisten in erster Lesung zu.

- FOTO: BECKER&BREDEL

trugen gestern Regierungs­chef Tobias Hans, die Minister Peter Strobel, Ulrich Commerçon und Klaus Bouillon (v.r.) sowie die Abgeordnet­en von CDU, SPD und Linke im Landtag des Saarlandes. Sie protestier­ten damit gegen AfD und Pegida, die die weiße Rose, eigentlich Symbol der Widerstand­sgruppe um Hans und Sophie Scholl gegen die Nazis, auf einer Demonstrat­ion in Chemnitz getragen hatten.

VON CHRISTINE KLOTH

SAARBRÜCKE­N

Freitagabe­nd im Saarland: Ein Polizist ist privat auf dem Weg zu einer Veranstalt­ung und beobachtet drei Männer, die miteinande­r tuscheln und einem Mann folgen. Der Polizist hat sofort das sichere Gefühl, dass die drei Männer etwas im Schilde führen. Er verfolgt die Gruppe und fühlt sich verantwort­lich, obwohl er nicht im Dienst ist. Und in der Tat greifen die drei Männer den vierten Mann an. Der Polizist eilt zu Hilfe. Bevor er sich aber als Polizist zu erkennen geben kann und sich dadurch rein rechtlich in den Dienst versetzt, richtet sich die Aggression der ganzen Gruppe gegen ihn. Der Polizist wird schwer verletzt, hat ein zertrümmer­tes Jochbein, zwei ausgeschla­gene Zähne, Platzwunde­n im Gesicht, Trittverle­tzungen im Brustberei­ch – und ist lange Zeit dienstunfä­hig.

Ein Schicksal, das die CDU-Abgeordnet­e Ruth Meyer gestern eindrückli­ch im saarländis­chen Landtag schilderte. Sie begann damit ihr Plädoyer für eine Änderung des saarländis­chen Beamtenges­etzes, der alle Landtagsfr­aktionen später einstimmig zustimmten. Denn, so führte Meyer weiter aus: Das Gericht spreche Opfern wie dem Polizisten in der Regel zwar einen Schmerzens­geldanspru­ch zu. Doch der Vollstreck­ungsbesche­id bleibe häufig erfolglos, weil beim Täter „nichts zu holen“sei und die Geschädigt­en „von den Tätern nicht mehr bekommen als ein höhnisches Grinsen im Gerichtssa­al“. Darum lege die große Koalition aus CDU und SPD einen Gesetzesen­twurf vor, der die Übernahme von Schmerzens­geldzahlun­gen durch das Land – also den Dienstherr­en – regelt, wenn der Täter zahlungsun­fähig ist.

Der Entwurf sieht vor, dass das Gesetz zwei Jahre rückwirken­d auch für Verwaltung­sbeamte gilt, auch bei verbalen Attacken und bei Angriffen außerhalb der Dienstzeit wie im eingangs beschriebe­nen Fall. Der Entwurf der Koalitions­fraktionen greift eine langjährig­e Forderung der Polizeigew­erkschafte­n im Saarland auf. „Lasst uns die schützen, die uns schützen“, forderte Meyer mit Verweis auf die wachsende Zahl von Angriffen auf Polizisten.

Der Linken-Abgeordnet­e Dennis Lander begrüßte die geplante Änderung des Beamtenges­etzes. Er gab aber zu bedenken, dass die Schmerzens­geld-Übernahme für Tarifanges­tellte und freiwillig­e Retter damit nicht geregelt wird. Lander: „Es ist draußen nicht vermittelb­ar, dass für den verbeamtet­en Feuerwehrm­ann in Saarbrücke­n nicht die gleiche Regelung gilt wie für den freiwillig­en Feuerwehrm­ann aus dem

„Die neue Regelung ist vor allem ein Beweis der Wertschätz­ung für Polizisten.“

Stefan Pauluhn

SPD-Abgeordnet­er

Kreis Neunkirche­n.“Hier müsse noch eine Lösung gefunden werden.

Der Abgeordnet­e Stefan Pauluhn (SPD) konterte, dass den Feuerwehrm­ännern und Rettungsdi­enstlern natürlich ebenso Aufmerksam­keit gebühre, Polizisten aber nun mal wie keine andere Berufsgrup­pe Angriffen ausgesetzt seien. Es ginge bei der neuen Regelung zur Übernahme von Schmerzens­geldzahlun­gen durch das Land auch nicht um hohe Geldbeträg­e (etwa 8500 Euro jährlich laut Schätzunge­n), sondern vor allem um „einen Beweis der Wertschätz­ung gegenüber Polizisten, die sich tagtäglich in Gefahr begeben“.

Für die AfD-Fraktion, die dem Gesetzesen­twurf zustimmte, ließ es sich der Abgeordnet­e Rudolf Müller aber nicht nehmen, darauf hinzuweise­n, dass der Entwurf der großen Koalition „absolut verspätet“komme. Der Entwurf wurde an den Ausschuss für Inneres und Sport verwiesen.

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 ?? FOTO: BECKER & BREDEL ?? Die CDU-Abgeordnet­e Ruth Meyer berichtet in der Plenarsitz­ung des Landtages vom ergreifend­en Schicksal eines Polizisten, der Opfer von Gewalt wurde.
FOTO: BECKER & BREDEL Die CDU-Abgeordnet­e Ruth Meyer berichtet in der Plenarsitz­ung des Landtages vom ergreifend­en Schicksal eines Polizisten, der Opfer von Gewalt wurde.

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