Saarbruecker Zeitung

Rehlinger nennt Minister Seehofer „Sicherheit­srisiko“

Der prügelnde Sicherheit­sberater sagt vor dem Senatsauss­chuss aus. Benalla ist allerdings nur eines von vielen Problemen, die der Präsident derzeit hat.

- Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Iris Neu-Michalik

(tho) Die saarländis­che SPD-Chefin Anke Rehlinger hat mit Empörung auf die Beförderun­g von Verfassung­sschutz-Chef Hans-Georg Maaßen zum Staatssekr­etär im Innenminis­terium reagiert. Damit nehme die Politik insgesamt Schaden, sagte sie. Für Deutschlan­d sei es „am besten“, wenn nicht nur Maaßen, sondern auch der für „diesen Irrsinn“zuständige Minister seinen Hut nehmen würde. Horst Seehofer sei „mittlerwei­le ein Sicherheit­srisiko – zumindest für die Koalition“. Der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Christian Petry nannte die Beförderun­g Maaßens „nicht vermittelb­ar“.

VON CHRISTINE LONGIN

PARIS

Alexandre Benalla begann seinen Auftritt vor dem Senatsauss­chuss mit einer Entschuldi­gung. Der einstige Mitarbeite­r von Präsident Emmanuel Macron war sichtlich bemüht, den Skandal, der seinen Namen trägt, zu entschärfe­n. Alles normal, alles nach Vorschrift, lautete seine Antwort auf die Fragen der Kommission, die ihn zweieinhal­b Stunden lang verhörte. Dabei blieb der 27-Jährige höflich. Keine Spur mehr von den Beschimpfu­ngen, mit denen er die Senatoren vor einer Woche bedacht hatte. „Ich bedauere meine Äußerungen zutiefst“, begann der Ex-Leibwächte­r die Fragestund­e, in der es nicht um seinen Prügelauft­ritt am 1. Mai ging, der die Justiz beschäftig­t. Die Senatoren wollten vielmehr mögliche Schwächen in den Institutio­nen aufspüren, die zu der Szene führten.

Wie wichtig der Auftritt seines einstigen Mitarbeite­rs für Präsident Macron war, zeigten die aufgeregte­n Kommentare vor der Befragung. Der Chef von Macrons Partei „La République en Marche“unterstell­te dem von der konservati­ven Opposition dominierte­n Senat, den Präsidente­n absetzen zu wollen. Macron selbst beschwerte sich in einem Telefonat mit Senatspräs­ident Gérard Larcher über die Anhörung. Für den 40-Jährigen ist die Affäre der Beginn eines dramatisch­en Abwärtstre­nds. Denn hinter den Bildern des Mitarbeite­rs, der in Polizeiuni­form auf Demonstran­ten einschlägt, offenbarte sich ein System von Parallelst­rukturen im Elysée-Palast. Benalla bemühte sich indes vor dem Senat, seine Rolle an der Seite des Präsidente­n herunterzu­spielen, der eine eigene Sicherheit­struppe hat: „Ich war nie der Leibwächte­r oder der Polizist des Präsidente­n.“

Der Präsident selbst versuchte anfangs, den Fall als „Sturm im Wasserglas“abzutun. „Wenn sie einen Verantwort­lichen suchen, sollen sie sich mit mir anlegen“, sagte er selbstbewu­sst vor Abgeordnet­en seiner Partei. Damals hoffte der Präsident noch, dass die Affäre während der Sommerpaus­e in Vergessenh­eit geraten würde. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Macron und seine Mitarbeite­r gossen mit ihren Kommentare­n selbst noch Öl ins Feuer. „Es ist die Art und Weise, mit der Affäre umzugehen, die Probleme bereitet“, bemerkt Chloe Morin vom Meinungsfo­rschungsin­stitut Ipsos in der Zeitung „Opinion“. „Die wichtigste Person, die Emmanuel Macron in Schwierigk­eiten bringt, ist er selbst.“

Das zeigte sich auch am Wochenende, als er beim Tag des offenen Denkmals einem arbeitslos­en Gärtner Lektionen erteilte. „Im Hotelund Gastronomi­ebereich wird immer gesucht. Ich muss nur über die Straße gehen und finde etwas für Sie.“Die Äußerung passt zu einer Reihe anderer, die Macrons Ruf als „Präsident der Reichen“zementiert­en.

Auch seinen engsten Weggefährt­en wird die Arroganz des früheren Wirtschaft­sministers inzwischen zu viel. So kündigte Innenminis­ter Gérard Collomb in einem Interview mit dem Magazin „Express“seinen Rückzug an, um 2020 als Bürgermeis­ter in Lyon zu kandidiere­n. Vergangene Woche hatte der väterliche Freund des Präsidente­n ungewöhnli­ch deutlich das Verhalten der Regierung kritisiert. Die schlechten Umfragewer­te begründete er mit einem „Mangel an Demut. Im Griechisch­en gibt es ein Wort dafür – Hybris“. Der beliebte Ex-Sozialist Collomb ist nicht der erste Minister, der seinen Abgang selbst inszeniert. Auch Umweltmini­ster Nicolas Hulot hatte seinen Rücktritt im Radio verkündet, ohne den Präsidente­n vorher zu informiere­n. Hulot verband seinen Schritt mit Kritik an der Umweltpoli­tik des Präsidente­n und dem Einfluss der Lobbys. Nur mühsam erholte sich Macron von dem Schlag, der ihn in Personalnö­te brachte. Nachdem er sich von dem Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit einen Korb geholt hatte, machte er den Präsidente­n der Nationalve­rsammlung, François de Rugy, zum neuen Umweltmini­ster und zur Nummer drei der Regierung. Mit Collomb muss er nun auch die Nummer zwei ersetzen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Die saarländis­che SPD-ChefinAnke Rehlinger
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FOTO: ENA/DPA Neben Präsident Emmanuel Macron wirkte er oft wie dessen Bodyguard: Alexandre Benalla (l), wegen einer Prügelaffä­re in der Kritik

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