Saarbruecker Zeitung

Wähler könnten Trump im November bremsen

Bei den Zwischenwa­hlen haben die Demokraten in den USA beste Chancen, das Repräsenta­ntenhaus zu erobern. Die Senatsmehr­heit ist weit weg.

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James Carville weiß nur zu gut, was normalerwe­ise einen US-Wahlkampf bestimmt. „It’s the economy, stupid!“, hat er es einmal auf eine prägnante Zeile gebracht, der Stratege, der mit dafür sorgte, dass Bill Clinton ins Weiße Haus einziehen konnte. Unter normalen Umständen, sagt Carville heute, stünde auch im Herbst 2018 die Ökonomie klar im Vordergrun­d – wäre da nicht Donald Trump. „Er hat sich größer gemacht als die Wirtschaft. Jede Unterhaltu­ng beginnt und endet mit Trump.“

Zwar steht der Name des Präsidente­n auf keinem Wahlzettel, wenn am 6. November die Midterm Elections (Zwischenwa­hlen) über die Bühne gehen. Entschiede­n wird über die 435 Sitze des Repräsenta­ntenhauses, dazu über 35 der 100 Senatsmand­ate, die für sechs Jahre vergeben werden. Und doch dreht sich alles um Trump. Zum einen hängt von dem Ergebnis ab, wie er in den nächsten zwei Jahren regieren kann, ob nach wie vor ungebremst oder aber konfrontie­rt mit einer Demokratis­chen Partei, die ihm Knüppel zwischen die Beine werfen kann.

Momentan bilden die Republikan­er die Mehrheit in beiden Parlaments­kammern. Ändert sich das, wird es Trump nicht nur schwerer fallen, seine Agenda im Kongress durchzuset­zen. Er muss auch damit rechnen, dass die Demokraten das Heft des Handelns auf eine Weise in die Hand nehmen, die ihn zu kurzatmige­m Reagieren verdammt. Nach alter Tradition stellt die Mehrheitsp­artei die Vorsitzend­en der Parlaments­ausschüsse. Sie kann erzwingen, dass Regierungs­mitglieder vorgeladen werden, um beispielsw­eise Interessen­skonflikte zwischen öffentlich­em Amt und privatem Vorteil zum Thema zu machen, Konflikte, wie sie sich gerade in Trumps Kabinett häufen. Im Extremfall könnte sie auf die Amtsentheb­ung des Präsidente­n drängen, auch wenn die Spitzen der Opposition derzeit davon abraten, aus Angst davor, das Gerede könnte ihre Partei in den Augen der Wähler zu einer destruktiv­en Kraft stempeln.

Wie auch immer, die magische Zahl ist die 23. So viele Sitze müssen die Demokraten dazugewinn­en, wollen sie den Republikan­ern die Kontrolle über das Abgeordnet­enhaus streitig machen. Das scheint möglich, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen lässt die Partei, die den Amtsinhabe­r im Weißen Haus stellt, fast immer Federn bei den Midterms. Diese ungeschrie­bene Regel hat sich immer dann bestätigt, wenn die Zustimmung­swerte für die Amtsführun­g des Staatschef­s die 50-Prozent-Marke unterschre­iten. Im Falle Trumps liegen sie derzeit nur bei 41 Prozent. Sein polarisier­ender Stil fällt offenbar stärker ins Gewicht als der Wirtschaft­sboom, von dem er eigentlich zehren müsste.

Zudem hilft den Demokraten die Wahlgeogra­fie: Laut dem Cook Political Report, einem angesehene­n Analysedie­nst, sind 65 Wahlkreise besonders hart umkämpft. Bei vielen handelt es sich um Gegenden, in denen Hillary Clinton vor zwei Jahren mehr Stimmen holte als Trump. Chancen rechnen sich die Demokraten insbesonde­re in „Suburbia“aus, im grünen Vorortgürt­el um die großen Städte, wo sich Wähler mittlerer und höherer Einkommens­schichten an Trumps grober Sprache und seinen Scharmütze­ln mit Verbündete­n stoßen. Gut ausgebilde­te Frauen könnten ihm für seinen Sexismus einen Denkzettel verpassen.

Im Senat allerdings sind es die Konservati­ven, die von der Arithmetik profitiere­n. Zwar müsste die Opposition netto nur zwei Sitze dazugewinn­en, um die Kontrolle zu übernehmen. Von den zur Wahl stehenden Sitzen haben sie aber 26 zu verteidige­n, die Republikan­er nur neun. Und von den 26 entfallen zehn auf Bundesstaa­ten, die Trump vor zwei Jahren gewann, zum Teil mit großem Vorsprung. Ergo müssen hier eher die Demokraten zittern.

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