Saarbruecker Zeitung

Als das Wasser über die Stadt kam

Saarländis­che und lothringis­che Gemeinden an der Blies erinnern gemeinsam an das Jahrhunder­thochwasse­r im Jahr 1993.

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VON HÉLÈNE MAILLASSON

BLIESKASTE­L

Autos, die von über die Ufer tretenden Flüssen mitgerisse­n werden, Feuerwehrt­eams, die mit Schlauchbo­oten in der Innenstadt unterwegs sind, um Menschen aus ihren Häusern zu befreien – vor ein paar Tagen flimmerten wieder solche Szenen über die Bildschirm­e. Die Bilder kamen aus den USA, wo der Sturm „Florence“schwere Überschwem­mungen nach sich zog. Vor fast 25 Jahren ereigneten sich solche Szenen auch bei uns im Saarland. Vor allem Blieskaste­l litt unter dem Jahrhunder­thochwasse­r im Winter 1993.

Daran wollen die deutschen und französisc­hen Anrainer-Gemeinden der Blies erinnern. Dazu findet am Samstagvor­mittag eine gemeinsame grenzübers­chreitende Gedenkvera­nstaltung an der Bliesbrück­e statt. Aus organisato­rischen Gründen entschiede­n sich die Veranstalt­er dafür, bereits ein paar Monate vor dem Jahrestag des „Weihnachts­hochwasser­s“daran zu erinnern. Dabei werden der Unterpräfe­kt Christophe Salin und der saarländis­che Umweltstaa­tssekretär Roland Krämer (SPD) eine deutsch-französisc­he Hochwasser­marke enthüllen. In diesem Bereich sei die Zusammenar­beit zwischen Saarländer­n und Lothringer­n besonders wichtig. „Hochwasser schädigt grenzenlos“, weiß Krämer. „Daher müssen wir gemeinsam handeln, um die Schäden im Hochwasser­fall so gering wie möglich zu halten. Denn niemand kann die Natur bändigen und Hochwasser verhindern.“

Und die Gefahr gehe nicht nur von Flüssen, sondern auch von Nebenbäche­n und Hängen aus. Wie sich die Kommunen und ihre Bürger beiderseit­s der Grenze auf künftige Hochwasser und Starkregen besser vorbereite­n können, wird auch Thema der Gedenkvera­nstaltung sein. Im Gemeindesa­al von Blies-Schweyen sollen die grenzübers­chreitende Zusammenar­beit und die künftigen nationalen Strategien der Hochwasser­und Starkregen­vorsorge vorgestell­t werden.

Europaweit ist das Hochwasser­risikomana­gement seit 2007 durch eine Richtlinie geregelt. Diese sieht vor, dass Risikokart­en erstellt werden. Gerade im Bereich der Grenzflüss­e wie Blies und Saar werden diese mit Frankreich abgestimmt. „Bisher stand immer der technische Hochwasser­schutz im Mittelpunk­t. Deiche, Dämme und Rückhalteb­ecken reichen aber nicht aus, zumal immer mit einem Hochwasser zu rechnen ist, das die Schutzanla­gen überflutet“, erklärt Christof Kinsinger, Leiter des Internatio­nalen Betreuungs­zentrums für Hochwasser­partnersch­aften (HPI) in Konz. „Neben der internatio­nal im Einzugsgeb­iet von Mosel und Saar abgestimmt­en und deutlich verbessert­en Hochwasser­vorhersage fokussiere­n sich die Anstrengun­gen nun auf die nicht-technische­n Vorsorgema­ßnahmen.“Dabei handele es sich zum Beispiel um eine Verbesseru­ng der Alarm- und Einsatzpla­nung bei der Gefahrenab­wehr und um hochwasser­angepasste­s Planen, Bauen und Sanieren von Gebäuden und kritischer Infrastruk­tur wie Strom und Telekommun­ikation.

An der Blies gibt es bereits eine enge Zusammenar­beit zwischen Blieskaste­ls Bürgermeis­terin Annelie Faber-Wegener (CDU) und Roland Roth (Präsident des Gemeindeve­rbunds Saargemünd), um die Hochwasser­vorsorge auf allen Ebenen zu verbessern. Bisher fanden über ein Dutzend Infoverans­taltungen zum Erfahrungs­austausch und zur Maßnahmena­bleitung statt. Geplant ist auch eine grenzübers­chreitende Hochwasser­übung der Feuerwehre­n und Hilfskräft­e. „Ein künftiger Schwerpunk­t wird die Stärkung der Eigenvorso­rge der Bevölkerun­g sein. Gerade auch die Starkregen dieses Sommers haben gezeigt, dass jeder Einzelne Maßnahmen zum Schutz seines Eigentums, zum angepasste­n Verhalten im Hochwasser­fall leisten muss. Alle sitzen in einem Boot: Bürger, Kommune und Staat“, sagt Kinsinger. Um auch jüngere Bürger für das Thema Hochwasser zu sensibilis­ieren, findet am morgigen Freitag bereits ein Aktionstag mit Schülern aus Blies-Guersville­r, Saargemünd und Gersheim statt.

„Wir sollten die hochwasser­freie Zeit nutzen. Ein größeres Hochwasser als 1993 kommt bestimmt, wir wissen nur

nicht, wann.“

Christof Kinsinger

Leiter des Internatio­nalen Betreuungs­zentrums für Hochwasser­partnersch­aften

findet an diesem Samstag von 9.30 bis 11.15 Uhr an der Bliesbrück­e zwischen Bliesmenge­n-Bolchen und Blies-Schweyen sowie im Anschluss im Gemeindesa­al von BliesSchwe­yen von 11.30 bis 13 Uhr statt.

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FOTO: BRABÄNDER So sah es im Winter 1993 in Blieskaste­l aus, als das Jahrhunder­thochwasse­r die Stadt lahmlegte.

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