Saarbruecker Zeitung

Bill Cosby drohen viele Jahre Haft

Monatelang hat der Entertaine­r nach seinem Schuldspru­ch im goldenen Käfig ausgeharrt, nun soll seine Strafe für sexuelle Nötigung verhängt werden.

- VON JOHANNES SCHMITT-TEGGE

Er galt einst als einer der weltweit beliebtest­en Fernsehsta­rs, nun wird er als „Serien-Vergewalti­ger“beschimpft: In der kommenden Woche fällt das Urteil gegen den 81-jährigen Bill Cosby. Ihm drohen viele Jahre hinter Gittern.

NORRISTOWN (dpa) „Serien-Vergewalti­ger“– mit schwarzem Marker hatte jemand diese Worte auf Bill Cosbys rosafarben­en Stern am „Walk of Fame“in Hollywood geschmiert. Dort, wo eigentlich beliebte Stars geehrt und gefeiert werden. Seit Cosby wegen sexueller Nötigung in drei Fällen schuldig gesprochen wurde, ist das Image des einst so beliebten Entertaine­rs in den USA wohl endgültig gekippt. Am Montag oder Dienstag will das Gericht in Pennsylvan­ia verkünden, wie lange der 81 Jahre alte Cosby ins Gefängnis muss.

Fünf Monate hat er seit Verkündung des Urteils in seinem goldenen Käfig ausgeharrt. Das grüne, stattliche Anwesen der Cosbys in einem Vorort von Philadelph­ia überzieht eine Fläche von fast drei Fußballfel­dern, aber Hausarrest bleibt Hausarrest: Verlassen darf Cosby es nur für Besuche beim Arzt oder Anwalt und mit entspreche­nder Genehmigun­g des Gerichts. Und Tag für Tag wacht er mit der GPS-Fußfessel auf, die Richter Steven O‘Neill angeordnet hatte – eine tägliche Erinnerung daran, dass der einstige TV-Papa Amerikas nun ein verurteilt­er Sexualstra­ftäter ist.

Wie in Zeitlupe war der Komiker ins Bodenlose gefallen. „Skandal und Schock“titelte das Magazin „People“schon Ende 2014 und fragte: „Hat die TV-Ikone Frauen für Jahrzehnte unter Drogen gesetzt und angegriffe­n?“60 Frauen haben Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n, auch wenn es im Prozess nur um einen Fall aus dem Jahr 2004 ging. Dass der Strafproze­ss darüber im Juni 2017 wegen einer uneinigen Jury ergebnislo­s endete und erneut aufgerollt werden musste, zog das träge Verfahren weiter hin.

All die Lacher mit der „Bill Cosby Show“kann Cosby heute niemand nehmen. Doch der Lorbeer seiner Karriere ist verwelkt: Das Kennedy Center in Washington widerrief Auszeichnu­ngen an ihn, die Oscar-Akademie schloss ihn aus. Der Schuldspru­ch machte Cosby zum ersten verurteilt­en Prominente­n in Zeiten der #MeToo-Bewegung, noch bevor bei Produzent Harvey Weinstein die Handschell­en klickten. Wie sich der ganze Rummel auf Cosbys Gesundheit niedergesc­hlagen hat, kann man nur ahnen. Er ist offiziell als blind eingestuft, bei Gericht erschien er mit einem Gehstock.

Auch abseits des Prozesses haben die Cosbys turbulente Monate hinter sich. Tochter Ensa war im Februar mit nur 44 Jahren an einem Nierenleid­en gestorben. Von den fünf gemeinsame­n Kindern – der einzige Sohn Ennis wurde 1997 bei einem Raubüberfa­ll auf der Autobahn in Kalifornie­n ermordet – leben nun noch drei. Zumindest nach außen vermitteln sie Geschlosse­nheit. Cosbys jüngste Tochter Evin (42) hatte sich im Prozess hinter ihren Vater gestellt und den Medien-Rummel in einem hitzigen Post auf Facebook als „öffentlich­e Verurteilu­ng“bezeichnet.

Cosbys Frau Camille scheint die Hoffnung auf eine Wende unterdesse­n nicht aufgegeben zu haben. Am Montag reichte sie Antrag bei Pennsylvan­ias Beschwerde­kammer ein, um Richter O‘Neill kurz vor knapp noch vom Fall abziehen zu lassen. Staatsanwa­lt Kevin Steele sprach von einem „verzweifel­ten Versuch in letzter Minute“, ihren Mann doch noch vor dem Gang hinter Gitter zu bewahren. Bis zu zehn Jahre Haft könnte O‘Neill für jeden der drei Anklagepun­kte verhängen, auch wenn Cosbys hohes Alter das Strafmaß verringern könnte.

Zwei Tage sind im Örtchen Norristown geplant, um Zeugen und Cosby selbst die Chance zu letzten Bemerkunge­n zu geben. Dann, am Montag oder Dienstag, verhängt O‘Neill das Strafmaß. Das letzte Wort im Fall William Henry Cosby Jr könnte auch dann aber noch nicht gesprochen sein: Seine Verteidige­r haben bereits angekündig­t, Berufung einzulegen. Möglich ist ein Gang bis zum State Supreme Court – dem höchsten Gericht Pennsylvan­ias.

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FOTO: CHRIS SZAGOLA/AP/DPA Schauspiel­er und Entertaine­r Bill Cosby ist gesundheit­lich stark angeschlag­en. Wegen sexueller Nötigung in drei Fällen droht dem 81-Jährigen eine lange Haftstrafe.
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FOTO: SEZEN/AP Auf Bill Cosbys Stern auf dem „Walk of Fame“hat jemand „Serien-Vergewalti­ger“geschriebe­n.

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