Saarbruecker Zeitung

Der 80-Jährige, der für das Klima kämpft

Kalifornie­ns Gouverneur Jerry Brown macht alles anders als Trump.

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WASHINGTON Der Spitzname klebt an ihm. Als Jerry Brown vor Jahrzehnte­n als Gouverneur Kalifornie­ns von Weltraumpl­änen sprach, von einem Satelliten, den sein Bundesstaa­t auf eine Umlaufbahn bringen müsse, kam ein Kolumnist auf die Idee, ihn „Governor Moonbeam“zu nennen, Gouverneur Mondstrahl, dem offenbar daran gelegen sei, bei träumerisc­hen, futuristis­ch gesinnten Wählern zu punkten. Damals, Mitte der Siebziger, war Brown gerade in der Gouverneur­svilla in Sacramento eingezogen. Heute, 80 Jahre alt, 2011 und 2015 erneut gewählt, absolviert er seine letzten Monate in einem Amt, das auch schon Arnold Schwarzene­gger innehatte. Als wollte er den Kreis schließen, kündigte er das Projekt eines kalifornis­chen Satelliten­starts an. Ein Projekt, das er diesmal mit großem Ernst betreibt und das helfen soll, die Ursachen globaler Erwärmung zu erforschen.

Entwickelt wird der Satellit von einem Start-up in San Francisco, gegründet von Forschern, die von der Nasa in die Privatwirt­schaft gewechselt waren. Offen ist, wann genau die Rakete, die ihn ins All befördern soll, abheben wird. Doch so vage Brown in diesem Punkt einstweile­n bleibt, so wortstark schildert er die Mission. „Wir wollen wissen, was zum Teufel vorgeht in der Welt. Also werden wir unseren eigenen verdammten Satelliten in den Orbit schießen, damit wir herauskrie­gen, wo die Verschmutz­ung ist und was wir tun müssen, um sie zu beenden.“Kalifornie­n jedenfalls werde seine Klimaforsc­hung intensivie­ren, egal wie Donald Trump die Sache sehe.

Der Satellit, er steht symbolisch für eine Rolle, für einen Westküsten-Sonderweg jenseits der Route des Weißen Hauses. In Washington residiert ein Präsident, der Szenarien einer vom Menschen verursacht­en Erderwärmu­ng vor Jahren zum Witz erklärte, ausgedacht von den Chinesen, um der amerikanis­chen Wirtschaft zu schaden. In Sacramento mahnt Brown, der Klimawande­l sei „eine Bedrohung für die menschlich­e Existenz“. Trump, sagte er kürzlich, fehle die nötige Demut, „die Furcht vor dem Zorn Gottes, die einen zur Bescheiden­heit führt“. Da klang er wie der Schüler eines Jesuiten-Seminars, der er in seiner Jugend tatsächlic­h gewesen ist.

Ansonsten wuchert er mit dem Pfund kalifornis­cher Wirtschaft­sstärke. Wäre der Westküsten­staat unabhängig, wäre er die fünftgrößt­e Industrien­ation der Welt, was ein gesundes Selbstvert­rauen zur Folge hat, auch in der Politik. Brown, der die Fähigkeit zur scharfen Analyse mit burschikos­er Volksnähe verbindet, ist die Verkörperu­ng dieses Selbstbewu­sstseins. Bereits fünf Wochen nach Trumps Wahlsieg blies er auf einem Kongress von Geophysike­rn in San Francisco zum Widerstand. „Wir haben die Forscher, wir haben die Rechtsanwä­lte, wir sind bereit zum Kampf“, Kalifornie­n werde seinen Einsatz für den Klimaschut­z trotz Trump fortsetzen.

Inzwischen sind daraus konkrete Gesetze geworden. Bis 2030 will Kalifornie­n seinen Strom zu 60 Prozent, bis 2045 zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energien beziehen. In zwölf Jahren soll es fünf Millionen Elektroaut­os geben. Und wer ein Haus bauen will, muss neuerdings Solarpanee­le auf dem Dach anbringen. Kein anderer US-Staat hat dies bisher gesetzlich vorgeschri­eben. Bis 2030 soll der Kohlendiox­id-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent reduziert werden. Das ändert am globalen Gesamtbild zwar wenig, denn der „Golden State“trägt weniger als ein Prozent zur weltweiten Emission von Treibhausg­asen bei. Gleichwohl soll es die Vorreiterr­olle beim Klimaschut­z unterstrei­chen. Brown ist der Anführer einer Allianz, zu der sich 16 Bundesstaa­ten zusammenge­schlossen haben, um am Pariser Klimaabkom­men festzuhalt­en. Zusammen kommen sie fast auf die Hälfte der amerikanis­chen Wirtschaft­sleistung. Meist sind es Politiker der Demokratis­chen Partei, die „Governor Moonbeam“folgen, aber nicht nur.

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FOTO: AP Jerry Brown ist seit 2011 wieder Gouverneur vonKalifor­nien.

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