Saarbruecker Zeitung

Trumps Vorzeigeri­chter in Erklärungs­not

US-Präsident Donald Trump attackiert jene Frau, die seinem Anwärter für den Supreme Court versuchte Vergewalti­gung vorwirft. Und die will nun vor dem US-Senat auspacken.

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(dpa) Mit provokante­n Äußerungen zu den Missbrauch­svorwürfen gegen den von ihm vorgeschla­genen Supreme-Court-Anwärter Brett Kavanaugh hat US-Präsident Donald Trump einen Proteststu­rm ausgelöst. Unter dem Hashtag #WhyIDidntR­eport (Warum ich keine Anzeige erstattete) solidarisi­erten sich am Wochenende Zehntausen­de Frauen und Männer mit der Psychologi­e-Professori­n Christine Blasey Ford. Sie wirft Kavanaugh eine versuchte Vergewalti­gung vor mehr als 30 Jahren vor. Trump zweifelte öffentlich Fords Glaubwürdi­gkeit an und warf die Frage auf, warum sie den angebliche­n Vorfall damals nicht sofort gemeldet habe.

In sozialen Netzwerken beschriebe­n Zehntausen­de Frauen und Männer, warum sie eigene Missbrauch­serfahrung­en lange für sich behielten – etwa aus Angst, aus Scham, aus Verzweiflu­ng, weil man ihnen nicht glauben würde. Auch Prominente meldeten sich zu Wort, darunter die Tochter des Ex-US-Präsidente­n Ronald Reagan, Patti Davis. Die 65-Jährige schrieb in der „Washington Post“, sie sei vor etwa 40 Jahren vergewalti­gt worden. Ein Musikmanag­er habe sie damals in seinem Büro missbrauch­t. Und danach habe sie jahrzehnte­lang geschwiege­n. „Ich fühlte mich alleine, ich habe mich geschämt und ich war angewidert von mir selbst.“

In den kommenden Tagen soll es vor dem US-Senat, der Kavanaugh bestätigen muss, zum Showdown in dem Fall kommen. Sowohl Ford als auch Kavanaugh wollen zu den Anschuldig­ungen aussagen. Vermutlich wird das am Donnerstag passieren. Seit Tagen laufen hinter den Kulissen Verhandlun­gen über den Termin und die Umstände einer Befragung vor dem US-Senat. Ford hatte mehrere Bedingunge­n für eine Aussage gestellt. An diesen Details könnten die Verhandlun­gen womöglich noch scheitern.

Der US-Präsident hat Kavanaugh als Richter für den Supreme Court vorgeschla­gen, das höchste Gericht der USA. Kurz vor der Entscheidu­ng des US-Senats über die Personalie hatte Ford die schweren Vorwürfe gegen den umstritten­en konservati­ven Juristen erhoben. Sie gibt an, Kavanaugh habe versucht, sie am Rande einer Schülerpar­ty Anfang der 1980er Jahre zu vergewalti­gen. Der Richter bestreitet das vehement.

Die Debatte ist von großer Bedeutung für die anstehende Zwischenwa­hl zum US-Kongress Anfang November. Trumps Republikan­er müssen um ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus fürchten. Trump hatte die Supreme-Court-Besetzung bei seinen Anhängern als großen Erfolg verkauft. Er kann es sich nicht leisten, massenhaft Wähler vor den Kopf zu stoßen, vor allem die weiblichen. Seine Berater hatten ihn daher zu Zurückhalt­ung in der Debatte gedrängt – was er nicht einhielt.

Am Freitag griff Trump Ford in mehreren Tweets an und forderte sie auf, ihre Anschuldig­ungen zu untermauer­n. Er habe keinen Zweifel, dass sich Ford oder ihre „liebevolle­n Eltern“damals sofort an die Strafverfo­lgungsbehö­rden gewandt hätten – falls alles so schlimm gewesen sei, wie sie es sage, schrieb Trump. Er rufe sie auf, eine Anzeige von damals vorzulegen, damit Datum, Zeit und Ort des Angriffs klar würden. Ford hatte allerdings bereits erklärt, dass sie über viele Jahre niemandem von dem Vorfall erzählt habe, auch ihren Eltern nicht.

Mit Blick auf die Anhörung beklagte eine Sprecherin des Weißen Hauses, dass von Fords Seite immer neue Fristen und Bedingunge­n kämen. Kavanaugh dagegen stehe seit Tagen bereit für eine Befragung. Sie betonte, jene Personen, die nach Fords Angaben damals bei der Schülerpar­ty gewesen seien, hätten klargestel­lt, dass sie nichts von dem Vorfall wüssten.

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