Saarbruecker Zeitung

Alternativ­e Heilmethod­en liegen bei Tierhalter­n und Landwirten derzeit im Trend.

Alternativ­e Heilmethod­en finden bei immer mehr Tierhalter­n und auch Landwirten Zuspruch. Viele Ärzte stehen dem Thema jedoch kritisch gegenüber. Mancher Mediziner sieht Homöopathi­e allerdings als sinnvolle Ergänzung.

- VON CAROLIN ECKENFELS UND GÖRAN GEHLEN

(dpa) Golden Retriever „Muffin“hat keine Angst vor Spritzen. Brav sitzt der Hund auf dem Behandlung­stisch von Tierärztin Dr. Maleen Schaumburg und lässt sich ein homöopathi­sches Mittel injizieren. Die Behandlung ist Teil einer Schmerzthe­rapie gegen sein Rückenleid­en. „Muffins“Besitzerin Katrin vom Hagen lehnt Schulmediz­in nicht grundsätzl­ich ab, sieht aber Vorteile der homöopathi­schen Behandlung. Manchmal benötige die Therapie vielleicht ein bisschen mehr Zeit, aber sie wirke nachhaltig, sagt sie.

Homöopathi­e ist in Deutschlan­d für Menschen ein recht verbreitet­es alternativ­es Heilverfah­ren. Das Grundprinz­ip lautet, dass Ähnliches mit Ähnlichem behandelt wird. Es werden Mittel eingesetzt, die bei Gesunden in hohen Dosen Symptome der jeweiligen Krankheit auslösen. Für die Behandlung werden die Substanzen sehr stark verdünnt.

Alternativ­e Heilmethod­en sind nicht nur in der Humanmediz­in, sondern längst auch beim Patient Tier gefragt. Das Interesse lässt sich auch an den Zahlen für Tierheilpr­aktiker ablesen. 4500 in sechs Verbänden gibt es in Deutschlan­d, wie Birgit Weidacher-Bauer berichtet, zweite Vorsitzend­e des „Ältesten Verbandes der Tierheilpr­aktiker“. Tendenziel­l wollen immer mehr Leute diesen Beruf ergreifen. Hindern kann sie niemand. „Die Berufsausü­bung ist nicht gesetzlich geregelt“, sagt Weidacher-Bauer. „Für eine Art Qualitätss­icherung sorgen nur die Verbände.“

Die Kunden sind private Tierhalter und Landwirte. „Oft setzt die Arbeit des Tierheilpr­aktikers dort an, wo die Arbeit des Mediziners aufhört oder erst gar nicht anfängt“, erklärt Weidacher-Bauer. Allergien seien zum Beispiel beim Heim- und Haustier auf dem Vormarsch. Während der Tiermedizi­ner oft Cortison einsetze, versuche der Tierheilpr­aktiker zu klären, was dem kompletten Organismus fehle.

Das Prinzip ist wie bei der Behandlung des Menschen. Verwendet werden Grundstoff­e wie Salze oder Pflanzente­ile, die stark verdünnt werden. „Potenziere­n“nennt das der Heilprakti­ker. Verabreich­t würden diese als Injektione­n, Kügelchen (Globuli), Tropfen oder Salben.

Das Verhältnis zu Schulmediz­inern ist schwierig. Allerdings lehnt beispielsw­eise die hessische Tierärztek­ammer alternativ­e Behandlung­smethoden nicht grundsätzl­ich ab. „Man kann nicht alles über einen Kamm scheren“, sagt Präsident Dr. Ingo Stammberge­r. Bei der Homöopathi­e richte er sich nach der gängigen Fachmeinun­g. Diese laute, dass diese Methode „als allgemeine­s Behandlung­smittel nicht geeignet ist“. Denn eine Wirksamkei­t sei „so gut

wie nie“nachgewies­en worden.

Tierhalter sollten verantwort­ungsvoll sein und zu einem Tierarzt gehen, der „weiß, wann er welche Methoden anwenden kann und wann diese Methoden an ihre Grenzen kommen“, erklärt Stammberge­r. „Man kann bei einer eitrigen Lungenentz­ündung

nicht mit Globuli arbeiten.“

„Den Tierärztek­ammern sind wir ein Dorn im Auge“, erklärt Birgit Weidacher-Bauer vom „Ältesten Verband der Tierheilpr­aktiker“, 1931 gegründet als „Verband deutscher Tierheilku­ndiger“. Tierheilpr­aktiker sperrten sich nicht gegen eine normierte Prüfung ihres Berufs. Die solle allerdings nicht von Tiermedizi­nern kommen. Man wolle nicht von „berufsfrem­den Personen geprüft werden, die meinen, sie müssten aus uns bessere Tierärzte machen“. Mit Homöopathi­e behandelnd­e Tierärzte sehe man eher kritisch. „Viele haben eine Zusatzausb­ildung, vertrauen der Homöopathi­e aber nicht.“

Das ist bei Maleen Schaumburg anders. Die 52-Jährige ist Tierärztin, hat eine dreijährig­e Homöopathi­e-Zusatzausb­ildung gemacht und steht hinter den Methoden. „Ich fand es schon in meinen ersten Jahren als Assistenzt­ierärztin unbefriedi­gend, dass häufig die immer gleichen Medikament­e in der Akuttherap­ie eingesetzt werden, egal, was das Tier hat“, erzählt Schaumburg, die Mitglied der „Gesellscha­ft für ganzheitli­che Tiermedizi­n“ist. „Da begann ich mich bereits für Alternativ­en zu interessie­ren, was ich nach der Geburt meiner Tochter dann stärker verfolgt habe.“

Die Veterinäri­n hat sich 2004 in Friedberg (Wetteraukr­eis) selbststän­dig gemacht. Ihre tierischen Patienten sind oftmals schon älter oder chronisch krank. „Die sind häufig schon durch sehr viele Tierarztun­d Tierheilpr­aktiker-Hände gegangen und bringen dann oftmals eine ganz schlechte Prognose mit. Man kann ihnen aber mit homöopathi­scher Therapie fantastisc­h helfen und die Lebensqual­ität verbessern.“

Golden Retriever „Muffin“sei anfangs mit chronische­m Durchfall gekommen. Gängige Therapien hätten ihm nicht geholfen, die Homöopathi­e habe nach wenigen Monaten zum Erfolg geführt. Schaumburg behandelt nach eigenen Angaben zu mindestens 95 Prozent homöopathi­sch. „Es gibt aber auch immer mal einen Fall, in dem man schulmediz­inisch behandeln muss. Als Tierarzt mit homöopathi­scher Zusatzausb­ildung erkennt man, wann ein Therapiewe­chsel notwendig ist.“

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FOTO: CAROLIN ECKENFELS/DPA Die Tierärztin Maleen Schaumburg behandelt in ihrer Praxis den Golden Retriever „Muffin“. Gängige Therapien hätten dem Hund nicht geholfen, die Homöopathi­e habe nach wenigen Monaten zum Erfolg geführt.

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