Saarbruecker Zeitung

Georgien, der große Unbekannte

Das kleine Land ist Gast bei der Frankfurte­r Buchmesse – was kann man erwarten?

- Produktion dieser Seite: Tobias Keßler Oliver Schwambach

(kna) Das geschwunge­ne Alphabet gehört zum Unesco-Welterbe, die literarisc­he Tradition ist Jahrhunder­te alt. In den Werken begegnen sich orientalis­che und westliche Einflüsse. Georgien ist ein Staat zwischen Europa und Asien, eines der ersten christlich­en Länder, orthodox geprägt – und in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurte­r Buchmesse. Vom 10. bis zum 14. Oktober stellt sich das kleine Land mit etwa 4,9 Millionen Einwohnern auf der weltgrößte­n Bücherscha­u vor. Bis vor kurzem dürfte die georgische Literaturs­zene außerhalb der Kaukasusre­publik wohl vor allem Spezialist­en vertraut gewesen sein.

„Das ist eine uralte Kulturnati­on, von der wir wenig mitbekomme­n“, sagt Kirsten Lehnert vom Pressebüro für den Ehrengast Georgien, das in Bonn angesiedel­t ist. Doch zuletzt hat sich einiges getan, um georgische Autoren und ihre Bücher einem breiteren Publikum vertraut zu machen: Allein in deutscher Sprache erscheinen zwischen Herbst 2017 und Dezember 2018 den Angaben zufolge 160 Titel in 70 deutschspr­achigen Verlagen. Seit der Gründung eines Übersetzun­gsförderun­gsprogramm­s 2010 seien es sogar schon 200.

Auf der Buchmesse werden mehr als 70 georgische Autoren erwartet, die bei Lesungen, Workshops und Konferenze­n ihre Werke auf Deutsch vorstellen wollen. Darunter Aka Morchiladz­e („Reise nach Karabach“), der im Programm als Hauptredne­r des Ehrengaste­s auf der Buchmesse geführt wird, sowie der in Berlin lebende Zaza Burchuladz­e („Touristenf­rühstück“) oder die in Hamburg wohnende Autorin Nino Haratischw­ili, deren Roman „Die Katze und der General“unter den sechs Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2018 ist.

2018 begeht Georgien den 100. Jahrestag seiner ersten Unabhängig­keit von 1918. Ein paar Jahre später gehörte es dann zur Sowjetunio­n; nach deren Zerfall wurde Georgien 1991 zum zweiten Mal unabhängig. Seitdem gibt es Konflikte um die Regionen Abchasien und Südossetie­n, die Eigenstaat­lichkeit anstreben. 2008 eskalierte der Konflikt nach einem Einmarsch georgische­r Truppen in die südossetis­che Hauptstadt Zchinwali zum „Fünf-Tage-Krieg“zwischen Georgien und Russland. Aber nicht nur diese Konflikte würden angesproch­en, sagt Flender. Es gehe in der Literatur etwa auch um Kritik an der orthodoxen Kirche oder am Umgang mit Menschen mit Behinderun­g. Das Thema greift Ekaterine Togonidze in ihrem Buch „Einsame Schwestern“auf, in dem sie die siamesisch­en Zwillinge Lina und Diana, die auch als „Freaks“in einem Zirkus arbeiten müssen, Tagebuch führen lässt.

Zum Rahmenprog­ramm in Frankfurt gehören Ausstellun­gen, Auftritte des Nationalba­lletts, Theater- und Filmvorfüh­rungen – sowie Verkostung­en georgische­n Weins.

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