Saarbruecker Zeitung

Kunststoff-Industrie soll sich um Plastikmül­l kümmern

Die EU fordert die Branche auf, bis Ende September Vorschläge zur Reduzierun­g von Abfällen einzureich­en. Ziel sind höhere Recycling-Quoten.

- VON MARKUS GRABITZ

Plastik ist nicht nur ein Problem, wenn es unkontroll­iert in die Natur oder ins Meer gelangt. Kunststoff­e, die zu einem hohen Prozentsat­z aus Rohöl bestehen, sind auch eine wertvolle Ressource: Jedes Jahr kostet die Entsorgung von Plastikmat­erial, das nach einer sehr kurzen Verwendung im Müll landet, in der EU bis zu 150 Milliarden Euro. Auch hier gibt es also einen Schatz zu heben.

EU-Umweltkomm­issar Karmenu Vella verlangt jetzt von der europäisch­en Kunststoff-Industrie, dass sie mehr gegen den Plastikmül­l tut. Die Branche, die 2015 rund 340 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat und 1,5 Millionen Beschäftig­te hatte, soll bis Ende September Vorschläge vorlegen, wie mehr Plastikabf­älle recycelt werden können. Derzeit werden in der EU knapp 60 Millionen Tonnen Kunststoff­e im Jahr produziert. 26 Millionen Tonnen Kunststoff werden jedes Jahr weggeworfe­n. Aber nur etwa vier Millionen Tonnen werden dann auch tatsächlic­h recycelt. Die Kommission will im Rahmen ihrer Plastik-Strategie erreichen, dass bis 2025 etwa zehn Millionen Tonnen jedes Jahr recycelt werden.

Bei der Plastik-Entsorgung gibt es ein massives Nord-Süd-Gefälle. In neun Ländern, darunter Deutschlan­d, Österreich, Schweiz und die skandinavi­schen Staaten, gibt es seit Jahren ein Deponie-Verbot für Hausmüll. In diesen Ländern wird nahezu der gesamte Plastikabf­all von Verbrauche­rn in irgendeine­r Weise genutzt. Das heißt: Die Kunststoff­abfälle werden entweder recycelt oder in der Müllverbre­nnungsanla­ge verheizt. Wenn die Müllverbre­nnungsanla­ge zur Energiegew­innung genutzt wird, gilt das Verbrennen als zweitbeste Lösung der Plastikent­sorgung. Da Plastik einen hohen Rohölantei­l hat, wird der Rohstoff dann immerhin als Brennstoff genutzt.

In vielen südeuropäi­schen Ländern dagegen landet der Plastikmül­l häufig in der Umwelt. In Malta, Zypern, Griechenla­nd, Kroatien oder Bulgarien werden weniger als 30 Prozent der Verbrauche­r-Plastikabf­älle recycelt oder in der Müllverbre­nnungsanla­ge verheizt. In diesen Ländern gibt es vielfach kein Deponiever­bot. Die Umsetzung der Abfallstra­tegie ist keine EU-Kompetenz, sondern liegt in den Händen der Mitgliedst­aaten. Gerade in Südeuropa ist offenbar vielfach Praxis, dass die Kommunen zwar für die Abholung der Abfälle sorgen, es aber an der fachgerech­ten Entsorgung hapert. Die Verbrauche­r werden zwar zur Kasse gebeten.

In Deutschlan­d wurden 2016 38,6 Prozent der Plastikabf­älle aus privaten Haushalten recycelt. Damit ist die Recyclingq­uote hierzuland­e deutlich höher als im EU-Schnitt. Spitzenrei­ter beim Plastik-Recycling sind Norwegen (43,1 Prozent) und Schweden (40,6). In Deutschlan­d wurden 60,6 Prozent der Plastikabf­älle in Müllverbre­nnungsanla­gen entsorgt, also wenigstens zur Energiegew­innung eingesetzt. Beim Verpackung­smüll aus Plastik erzielt Deutschlan­d europaweit nach Tschechien mit 48,7 Prozent die zweithöchs­te Quote. Beim Recycling können Kunststoff­verpackung­en wie Pet-Flaschen geschredde­rt und zu neuen Plastikpro­dukten wie Tragetasch­en oder Kleidungss­tücke weitervera­rbeitet werden.

Es wird damit gerechnet, dass die Kunststoff-Industrie der Kommission in Kürze Vorschläge zur Reduzierun­g der Plastikmül­lberge unterbreit­en wird. Es geht auch darum, einer Regulierun­g durch die EU zuvorzukom­men. Die Bestandtei­le können wieder in die Produktion­sprozesse in Chemiewerk­en eingespeis­t werden. Offenbar arbeitet auch die BASF an einem Vorschlag.

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FOTO: STRATENSCH­ULTE/DPA Leichtverp­ackungen und Gelbe Säcke auf einer Deponie in Hannover: In Deutschlan­d werden Kunststoff­abfälle entweder recycelt oder in Müllverbre­nnungsanla­gen verheizt und zur Energiegew­innung genutzt.

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