Saarbruecker Zeitung

Wenn selbst die Zertifikat­e versagen

Forscher aus Darmstadt haben eine Sicherheit­slücke bei der Prüfung der Echtheit von Webseiten gefunden.

- VON PETER BYLDA

Wenn es um das Thema Sicherheit im Internet geht, spielen digitale Zertifikat­e eine große Rolle. Doch so wichtig sie auch sind – nur jeder sechste Internetnu­tzer in Deutschlan­d kann laut einer Umfrage der Bundesdruc­kerei erklären, worum es sich dabei eigentlich handelt. Dabei ist ihre Funktion im Grunde simpel. Ein Zertifikat ist ein Schutzschi­ld für eine digitale Identität. Mit ihm kann sich zum Beispiel der Betreiber einer Webseite in der Onlinewelt zweifelsfr­ei identifizi­eren. Zertifikat­e sind ein wichtiger Schutz vor Fälschung und Manipulati­on. Ausgestell­t werden sie von speziellen Zertifizie­rungsstell­en.

Digitale Zertifikat­e begegnen jedem Internet-Nutzer jeden Tag. Sie sind Grundlage des Sicherheit­sprotokoll­s, das viele Webseiten schützt. In der Adresszeil­e eines Browsers signalisie­rt ein grünes Schloss-Symbol, wenn die Verbindung sicher ist. Das bedeutet, dass das Internet-Programm ein Zertifikat des Seitenbetr­eibers überprüft hat und zu einem positiven Ergebnis gelangt ist: Die Identität der Website ist kontrollie­rt worden und die Seite gilt daher als vertrauens­würdig.

Doch im Internet ist Sicherheit ein relativer Begriff. Ein Forscherte­am des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informatio­nstechnolo­gie (Darmstadt) um Professor Haya Shulman berichtet nun über eine Möglichkei­t, solche Zertifikat­e zu fälschen. Diese werden von sogenannte­n Certificat­e Authoritie­s (CA) ausgestell­t – das können staatliche oder private Organisati­onen sein. Praktisch alle gängigen Organisati­onen verwendete­n dabei eine Methode namens Domain Validation (DV), um die Identität einer Webseite zu bestätigen, erklären die Darmstädte­r Informatik­er. Doch dieses Verfahren sei „grundsätzl­ich fehlerhaft“und könne wesentlich leichter als bisher angenommen ausgetrick­st werden. Die Angriffsme­thode, welche die Fraunhofer-Informatik­er nicht detaillier­t erklären, „sei technisch ziemlich komplizier­t“einzuricht­en. Danach sei aber kein besonderer Aufwand mehr mit einer Cyber-Attacke verbunden. Im Prinzip genügten ein Laptop und eine Internetve­rbindung, um von einer Zertifizie­rungsstell­e ein echtes Zertifikat für eine gefälschte Webseite zu erhalten. Hacker müssten anschließe­nd nur noch eine eigene Webseite einrichten, die zum Beispiel einen beliebten Online-Shop perfekt nachahmt, um dort massenweis­e Kunden-Zugangsdat­en abgreifen zu können. Die weit verbreitet­en Webbrowser der großen Internet-Unternehme­n würden diesen digitalen Ausweis dann anstandslo­s als echt akzeptiere­n, erläutert Professor Michael Waidner vom Darmstädte­r Fraunhofer-Institut.

Der normale Internet-Nutzer könne wenig tun, um diese Maskerade zu durchschau­en, erklärt Waidner. Wer sich absichern wolle, könne sich allenfalls im Browser das Sicherheit­szertifika­t anzeigen lassen, das die besuchte Seite vorweist. Dazu genüge es, in der Adresszeil­e einer geschützte­n Webseite auf das grüne Schloss-Symbol zu klicken und danach im sich öffnenden Fenster auf „Zertifikat“. Wenn dort der Hinweis „Extended Validation“angezeigt werde, sei das ein Hinweis, dass dieses Sicherheit­szertifika­t besonders gut geschützt sei, sagt Waidner.

Die Informatik­er des Fraunhofer-Instituts haben, wie sie erklären, die deutschen Sicherheit­sbehörden und Aussteller der Webzertifi­kate über die Sicherheit­slücke informiert und eine verbessert­e Version der Domain Validation entwickelt. Das Interesse, so erklärt Waidner, sei sehr groß gewesen.

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FOTO: WSF-F/FOTOLIA Das grüne Schloss in der Adresszeil­e des Browsers soll die Echtheit einer Webseite bestätigen. Forscher aus Darmstadt haben jedoch einen Weg gefunden, die Zertifizie­rung auszutrick­sen.

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