Auf Umwegen zum zufriedenen Pflege-Azubi
Der Weg zum Gesundheits- und Krankenpfleger ist nicht leicht. Aber die Motivation, Menschen helfen zu wollen, kann ungeahnte (Lern-)Kräfte freisetzen.
Snezhana Sidorenko ist 35 Jahre alt, in Kasachstan geboren, verheiratet und hat zwei Kinder. Mit einem Realschulabschluss machte sie in ihrer alten Heimat eine Ausbildung zur Buchhalterin und studierte Management. Nach dem Umzug nach Deutschland vor 13 Jahren blieb sie erst einmal zu Hause. Sie ist gerne Mama. Doch ihr Mann, der bei der Bundeswehr arbeitete, war viel unterwegs.
Manchmal fiel der jungen lebenslustigen Frau die Decke auf den Kopf. Sie wollte arbeiten! Ihre schlechten Deutschkenntnisse stellten allerdings damals noch eine große Hürde dar.
2006 zog ihre Oma nach, um bei der Familie zu sein. Als diese an Demenz erkrankte, übernahm die Enkelin die Pflege. „Das hat viel Kraft gekostet und irgendwann habe ich es nicht mehr gepackt“, erzählt sie. Die Oma musste ins Altenheim. Neun Jahre später bekam ihr Mann die Diagnose Krebs und konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben. „Ich wollte unbedingt etwas arbeiten, wusste aber nicht wie. “Irgendeine Pflegeausbildung hätte sie sich schon damals vorstellen können, denn mit der Pflege ihrer Angehörigen hatte sie gute Erfahrungen gemacht.
Zum Geldverdienen suchte sie sich eine Putzstelle. Im Krankenhaus. „Ich habe keine Angst vor Blut“, sagt sie lachend, „und ich war bereit für alles.“Schon bei dieser Tätigkeit habe sie große Unterstützung durch ihre Kollegen und das Krankenhauspersonal gehabt. Sie habe sich wie in einer Familie gut aufgehoben gefühlt. Während ihres Reinigungsdienstes sah sie OP-Bereiche, einige Stationen, die Patienten und deren Versorgung. Wenn sie etwas genauer erfahren wollte, fragte sie nach.
Und sie wollte viel wissen. So viel, dass ihr Interesse nicht verborgen blieb. Ein Arzt erkundigte sich, ob sie Lust hätte, eine Ausbildung zur Gesundheitsund Krankenpflegerin zu machen. Anfänglich war sie nicht überzeugt davon, die Kraft für’s Lernen zu haben. „Aber der Arzt hat mir das Vertrauen gegeben, dass ich das schaffe. Das war der Anstoß.“
„DU BIST STARK, HABEN ALLE GESAGT!"
Ende 2016 schrieb sie mit Unterstützung von Kollegen eine Bewerbung und bereits zwei Wochen später stand ein Vorstellungsgespräch an. „Du bist stark, haben alle gesagt. Und ,Du schaffst das’“, während ihr Mann der zierlichen Frau den Beruf zu diesem Zeitpunkt noch nicht zutraute. Großer Vorteil – sie kannte die Gegebenheiten im Krankenhaus, die Mitarbeiter kannten sie. Die ersten zwei Monate der Ausbildung seien schwer gewesen und eine große Umstellung für die Familie. Bis drei Uhr nachts habe sie an manchen Hausaufgaben gesessen.
Foto: Cornelia Jung Doch ihrer guten Laune, die auch der Pflegedirektorin positiv auffiel, tat das keinen Abbruch.
„ICH TUE DAS, WAS MIR AM HERZEN
LIEGT"
Nun, am Ende des ersten Ausbildungsjahres, sieht Snezhana Sidorenkos Fazit so aus: „Es macht viel Spaß und ich tue das, was mir wirklich am Herzen liegt. Heute kann ich sicher sagen, dass es das ist, was ich in Zukunft machen will. Ich habe das Gefühl, etwas Vernünftiges zu tun.“Mittlerweile ist ihr Deutsch sehr gut und ihr Mann hat seine Zweifel abgelegt, weil er sieht, dass seine Frau mit einem Lächeln nach Hause kommt.