Saarbruecker Zeitung

Späte starke Worte

- Martin Pfeil

Jahrelang geleugnet, weggeschau­t, vertuscht, den Opfern nicht zugehört, versagt – das ist schon ein klares Bekenntnis, das Kardinal Reinhard Marx im Namen der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d da ablegt. Vor der Öffentlich­keit und vor allem vor den Missbrauch­sopfern. Endlich. Auf eine so klare Sprache hat man trotz mancher Entschuldi­gungen, die auch bislang schon versucht worden sind, lange vergeblich gewartet. Dass Marx Schuld und Scham auch persönlich empfindet, sie bekennt und sich dafür entschuldi­gt, ist zusätzlich eine starke Geste. Gleiches gilt für die Einsicht, dass die Auseinande­rsetzung mit diesem dunklen Kapitel Kirchenges­chichte nicht etwa abgeschlos­sen ist, sondern nun erst beginnt.

Späte starke Worte also, die der Kardinal medienwirk­sam findet. Klar, worauf sie abzielen: Vertrauen zurückzuge­winnen. Ob das gelingt und gar der von Marx prognostiz­ierte „Wendepunkt“eingeleite­t wird, das hängt aber von Taten ab: aktive weitere Aufklärung bei einer vermutlich noch hohen Dunkelziff­er an weiteren Fällen, angemessen­e Entschädig­ungszahlun­gen an Missbrauch­sopfer durch die immer noch reiche katholisch­e Kirche und eine neue, offensive, bessere Aufarbeitu­ng als jene, für die bisher der Trierer Bischof Stephan Ackermann als Sonderbeau­ftragter verantwort­lich zeichnet. Und schließlic­h ein tieferes Eindringen in die Hintergrün­de der zutage getretenen sexuellen Verfehlung­en. Dazu gehört auch ein schonungsl­oses Hinterfrag­en, ob der Zwangszöli­bat als priesterli­che Lebensform dafür mitursächl­ich war und ist – und abgeschaff­t gehört. Und ob Priestern die Ehe weiterhin verwehrt bleiben darf.

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