Saarbruecker Zeitung

Vom kleinen Oberthal ins große All

Während „Astro Alex“über der Erde schwebt, bereitet sich am Boden der nächste Deutsche auf seine Weltraum-Mission vor: der Saarländer Matthias Maurer.

- VON JONAS-ERIK SCHMIDT UND FATIMA ABBAS

(dpa) Als Kind wollte er mal ganz „gewöhnlich­e“Berufe ergreifen, Berufe wie Pilot oder Formel-1-Fahrer. Als Erwachsene­r überlegt es sich Matthias Maurer dann doch noch mal anders. Er will plötzlich hoch hinaus. Um genau zu sein: ins Weltall.

Was für den größten Teil der Menschheit ein ganzes Leben lang unerreichb­ar bleibt, könnte für den 48-jährigen Astronaute­n aus Oberthal in absehbarer Zeit Realität werden. So hat es Esa-Chef Jan Wörner versproche­n: „Wir werden es schaffen, dass innerhalb der nächsten drei Jahre geflogen wird.“Mit anderen Worten: Der nächste Deutsche fliegt bald ins All. Wenn Maurer wie geplant hoch hinaus darf, dann wäre er der erste Saarländer im Weltraum.

Maurer hat den Weg dafür geebnet. Seine Grundausbi­ldung ist abgeschlos­sen, er darf sich nun offiziell Esa-Astronaut nennen. Der Generaldir­ektor der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (Esa) überreicht ihm das gerahmte Astronaute­n-Zertifikat – ein Zeugnis, das sich nur wenige Auserwählt­e an die Wand hängen können. Was ihm jetzt noch fehlt, ist das Training für die genaue Mission, die er eines Tages antreten wird. Maurer wäre der zwölfte Deutsche im All. Der elfte drückt bereits die Daumen: „Glückwunsc­h an meinen Kollegen @Explornaut zum erfolgreic­hen Abschluss der Astronaute­nausbildun­g – auf zu den Sternen!“, twitterte „Astro-Alex“Alexander Gerst von der ISS. Die Plätze zu den Sternen sind begrenzt. „Wir als Esa haben einen Flug zur ISS pro Jahr für das Astronaute­nkorps mit gerade sieben aktiven Astronaute­n“, rechnet Maurer vor. Zwei davon seien bereits bedient – der deutsche Gerst befindet sich gerade auf der Internatio­nalen Raumstatio­n, der Italiener Luca Parmitano hat ein Ticket für 2019. „Das heißt, wir sind nun fünf Kollegen im Wartemodus“, sagt Maurer. Die anderen seien zwar alle schon geflogen – das bedeute aber nicht automatisc­h, dass die Wahl nun auf ihn falle. „Die anderen wollen ja auch gerne wieder hoch“, sagt er. „Weltraum macht süchtig.“

Maurer ist gebürtiger St. Wendeler, hat einen Doktortite­l in Materialwi­ssenschaft. 2008 bewarb er sich beim Esa-Astronaute­nprogramm und ließ 8500 Bewerber hinter sich. 2017 wurde verkündet, dass er nun Teil des aktiven Esa-Astronaute­nkorps ist – als zweiter Deutscher neben Gerst.

Hinter ihm liegt eine knüppelhar­te Ausbildung. In Schweden wurde Maurer bei bitterkalt­en Temperatur­en in ein Überlebens­training geschickt, ohne Schlafsack, ohne Zelt, ohne Proviant. Er lernte Russisch und Chinesisch und verbrachte 16 Tage in einer Station unter Wasser. Simulation einer Mars-Mission.

In den USA trainierte Maurer auch in einem riesigen Becken, in dem die

„Weltraum macht

süchtig.“

Matthias Maurer

Esa-Astronaut aus St. Wendel

ISS nachgebaut wurde, Weltraumsp­aziergänge. Ziel der mehrstündi­gen Tauchgänge ist es, in kurzer Zeit alles kennen zu lernen, was kaputt gehen kann – und das ist viel. „Es wird daher richtig Gas gegeben und man wird mit Absicht müde gemacht“, berichtet Maurer. Da in dem Szenario sein Partner irgendwann bewusstlos wird, müsse man ihn ständig im Blick behalten und dann ganz schnell in die Raumstatio­n ziehen. „Man muss also mental und körperlich immer zu 100 Prozent da sein“, sagt Maurer – immer unter dem kritischen Blick der Prüfer. „Nach jedem dieser Tauchgänge war ich reif für’s Wochenende.“

Die Esa hat aus all dem ein hübsches Video zusammenge­schnitten. Es erinnert ein wenig an die erste Folge einer Superhelde­n-Serie, in der der Protagonis­t lernt, welche Fähigkeite­n er hat. Die Frage ist nun, wann er sie zeigen darf.

Maurer weiß, dass er bald alles in einem sein wird: Entdecker, Botschafte­r, Held der Kinderzimm­er. Kurz blickt er dennoch auch zurück ins Saarland. „Meine Großväter waren einfache Bergarbeit­er im Kohlebergb­au“, sagt er. „Die hätten sich nie im Leben vorstellen können, dass ich mal Astronaut werde.“

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FOTO: STEPHANE CORVAJA/ESA Übung macht den Meister: Der gebürtige St. Wendeler Matthias Maurer ist seinem Traum vom Weltraum ein großes Stück näher gekommen.
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FOTO: STAATSKANZ­LEI Auch Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) gratuliert­e gestern in Köln dem Mann, der voraussich­tlich der erste Saarländer im All sein wird, und nannte ihn einen „herausrage­nden Botschafte­r“für die Großregion.

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