Saarbruecker Zeitung

„Maulkorb“für Medien sorgt für Empörung in Österreich

- VON FABIAN NITSCHMANN

(dpa) In Österreich sorgt ein Vorstoß zu einer restriktiv­en Informatio­nspolitik gegenüber kritischen Medien für Empörung. Eine E-Mail an die Landespoli­zeidirekti­onen, in der vor bestimmten Medien gewarnt wird, bringt Innenminis­ter Herbert Kickl von der rechten Partei FPÖ massiv in Bedrängnis. SPÖ-Sprecher Thomas Drozda spricht von einem „Maulkorber­lass für unabhängig­e Medien“, die österreich­ische Journalist­engewerksc­haft von einer „gefährlich­en Grenzübers­chreitung“. Besonders deutlich wird die deutsche Co-Vorsitzend­e der Grünen im Europaparl­ament: „Es ist ein Skandal, dass der Innenminis­ter eines EU-Landes versucht, die Pressefrei­heit zu unterlaufe­n.“Die Affäre begann am Montagaben­d, als die Zeitungen „Standard“und „Kurier“online über die interne Mail an die Kommunikat­ionsverant­wortlichen bei der Polizei berichtete­n. „Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (zum Beispiel ‚Standard’, ‚Falter’) sowie neuerdings auch seitens des ‚Kuriers’ eine sehr einseitige und negative Berichters­tattung über das BMI beziehungs­weise die Polizei betrieben“, heißt es in dem Schreiben. „Ich erlaube mir, vorzuschla­gen, die Kommunikat­ion mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehen­e) Maß zu beschränke­n.“

Noch am Abend verteidigt­e das Ministeriu­m die Mail: „Was den besonders achtsamen Umgang mit den erwähnten Medien betrifft, so basieren die Erläuterun­gen auf teils jahrelange­n Erfahrunge­n vieler Kommunikat­ionsmitarb­eiter im BMI.“Das Ministeriu­m betonte zudem, dass Kickl weder Auftraggeb­er noch Empfänger der Mail gewesen sei. Heute soll das Thema im österreich­ischen Parlament in einer dringliche­n Anfrage behandelt werden.

Viel schwerer wiegt für Kickl vermutlich, dass auch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) die Aktion schonungsl­os kritisiert hat. „Für einen freien und unabhängig­en Journalism­us im Land tragen besonders Parteien und Regierungs­institutio­nen sowie öffentlich­e Einrichtun­gen eine hohe Verantwort­ung. Jede Einschränk­ung von Pressefrei­heit ist nicht akzeptabel“, sagte Kurz am Rande der UN-Vollversam­mlung.

In Österreich stellen sich nun viele die Frage, ob Kickl im Amt bleiben kann. Auch eine Razzia im Bundesamt für Verfassung­sschutz sorgt für Rücktritts­forderunge­n. Mitarbeite­r des Nachrichte­ndienstes stehen im Verdacht, sensible Daten rechtswidr­ig nicht gelöscht zu haben.

Darüber hinaus fällt Kickl immer wieder mit umstritten­en Äußerungen zur Migrations­politik auf. Erst vor wenigen Tagen sprach er sich dafür aus, die Schutzwürd­igkeit von im Mittelmeer geretteten Migranten noch auf den Rettungssc­hiffen zu prüfen.

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DPA FOTO: PUNZ/ Gegen ihn werden Rücktritts­forderunge­n laut: Herbert Kickl, Innenminis­ter von Österreich.

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