Saarbruecker Zeitung

Der Sommer vor der Wende

Auf der Insel Hiddensee nimmt „Kruso“DDR-Bürger auf, deren Flucht gescheiter­t ist.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Nach dem Unfalltod seiner Freundin flüchtet Edgar Bendler (Jonathan Berlin), genannt Ed, vor dem Leben nach Hiddensee. Er heuert als Saisonkraf­t in der Ausflugsga­ststätte „Zum Klausner“an und lernt dort Kruso (Albrecht Schuch) kennen, der ihn sofort in seinen Bann zieht.

Kruso, der eigentlich Alexander Krusowitsc­h heißt, ist der heimliche Steuermann der eingeschwo­renen Mannschaft im „Klausner“und ihr Guru. Seine Mission ist es, den Republikfl­üchtlingen und Systemüber­drüssigen seine Idee einer inneren Freiheit nahezubrin­gen und sie vor dem Tod in der Ostsee zu bewahren. Kruso weiht Ed in die Rituale zur Rettung der sogenannte­n Schiffbrüc­higen ein. In drei Nächten will er sie zu den „Wurzeln der Freiheit“führen. Doch als immer mehr DDR-Bürger über Ungarn gen Westen flüchten, wird auch der „Klausner“leerer. Aus der schützende­n Arche wird ein sinkendes Schiff.

„Kruso“von Regisseur Thomas Stuber („Tatort: Verbrannt“) erzählt vom letzten Sommer vor dem Mauerfall auf der kleinen Ostseeinse­l Hiddensee. Jenseits des staatlich organisier­ten Tourismus’ wurde die abgeschied­ene Insel alljährlic­h zu einer Art Künstlerko­lonie und zum Sehnsuchts­ort für Aussteiger und Alternativ­e. Durch die Nähe zu Dänemark war Hiddensee zugleich Ausgangspu­nkt für die Flucht über die Ostsee.

Das Werk beruht auf dem gleichnami­gen Roman von Lutz Seiler. Die Umsetzung war nicht so einfach, wie Volker Herres, Programmdi­rektor des Ersten Deutschen Fernsehens, festhält: „Es bedarf viel Fingerspit­zengefühl und Einfühlung­svermögen, um die feinsinnig­en Sprachbild­er in bewegte und bewegende Bilder zu übersetzen. Dass die filmische Adaption so kongenial gelungen ist, verdanken wir vor allem dem Drehbuchau­tor Thomas Kirchner und dem Regisseur Thomas Stuber, der auch am Drehbuch mitgearbei­tet hat.“

Letzterer wollte dabei nicht einfach einen weiteren Wendefilm drehen, von denen seiner Meinung nach schon zahlreiche produziert worden sind, und er das Gefühl hatte, „dass das Thema, zumindest für den Moment, in einer gewissen Weise auserzählt ist. Was mich an ‚Kruso‘ gereizt hat ist eben, dass das Thema aus einer ganz anderen, neuen Richtung erzählt wird. Die Insel, das Abenteuer, die fantastisc­he Atmosphäre – alles sehr weit entfernt von grauen, maroden Hauswänden in Ostberlin, die nur darauf warten, dass die Wende kommt – und dann bricht der goldene Westen an. Das macht Seilers Buch wirklich zu einem Alleinstel­lungsmerkm­al, das ist so noch nicht erzählt worden, und deshalb fand ich das so spannend.“

Kruso, 20.15 Uhr, ARD

 ?? FOTO: MDR/UFA FICTION/LUKAS SALNA ?? Ed (Jonathan Berlin, l.) lernt in einer Gaststätte Kruso (Albrecht Schuch) kennen. Bald ist der junge Mann ganz erpicht darauf, ihn bei seiner Mission, „Schiffbrüc­hige“zu retten, zu unterstütz­en.
FOTO: MDR/UFA FICTION/LUKAS SALNA Ed (Jonathan Berlin, l.) lernt in einer Gaststätte Kruso (Albrecht Schuch) kennen. Bald ist der junge Mann ganz erpicht darauf, ihn bei seiner Mission, „Schiffbrüc­hige“zu retten, zu unterstütz­en.

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