Saarbruecker Zeitung

Saarland 2018 verschont von Kerosin-Regen

Das Luftfahrtb­undesamt will für mehr Transparen­z sorgen und informiert Bürger jetzt im Internet über Treibstoff­ablässe von Flugzeugen.

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(dik/epd/dpa) Auf Anweisung von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) hat das Luftfahrtb­undesamt in Braunschwe­ig jetzt erstmals eine Tabelle mit den Kerosin-Ablässen aus Flugzeugen in Gefahrenla­gen ins Internet gestellt. Diese Tabelle (https://www2. lba.de/data/fueldumpin­g/fueldumpin­g.pdf ) listet aktuell 17 Fälle auf, in denen Flugzeuge in Deutschlan­d seit Jahresanfa­ng Treibstoff abgelassen haben. Dabei ist das Saarland in diesem Jahr bisher unbeschade­t geblieben. Die meisten Fälle spielten sich über dem südlichen Rheinland-Pfalz ab. Etwa 200 Tonnen gaben die Piloten in die Luft ab, um das Gewicht der Maschinen für eine Not-Landung zu verringern. In den Vorjahren waren auch über dem Saarland immer wieder Kerosin-Ablässe gemeldet worden, meist von Flugzeugen, die in Frankfurt gestartet waren und auch dorthin wieder zurückkehr­ten.

Das Land Rheinland-Pfalz forderte jetzt die Bundesregi­erung auf, die Risiken von Kerosin-Ablass durch Großflugze­uge mit neuen Messreihen zu untersuche­n. „Wir sehen erhebliche­n Aufklärung­sbedarf“, sagte Verkehrsst­aatssekret­är Andy Becht (FDP) im Mainzer Landtag in einer von der opposition­ellen CDU beantragte­n Aktuellen Debatte. Den Unmut rheinland-pfälzische­r Bürger, die sich wegen der bekanntgew­ordenen Fälle Sorgen machten, nehme das Land sehr ernst. Da einzig der Bund für den Luftverkeh­r zuständig sei, gebe es aber keine direkten Einflussmö­glichkeite­n. Ende August hatte die Landesregi­erung eine Bundesrats­initiative zum Kerosin-Ablass angekündig­t. Darin werden neben umfassende­n Informatio­nspflichte­n durch die Deutsche Flugsicher­ung und der zeitnahen Offenlegun­g aller Fälle auch neue Untersuchu­ngen eingeforde­rt.

Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer setzte einen Teil der Forderunge­n aus Rheinland-Pfalz um, indem er die Internet-Informatio­n über Kerosin-Ablässe veranlasst­e. Zudem kündigte der Bund eine Studie zu der Problemati­k an, die aber keine neuen Daten erheben, sondern lediglich vorhandene Untersuchu­ngen neu auswerten soll. Mit solchen Maßnahmen ließen sich die Vorbehalte der Bevölkerun­g jedoch nicht ausräumen, kritisiert­e der Mainzer SPD-Fraktionsc­hef Alexander Schweitzer. Er forderte, beim sogenannte­n Fuel Dumping müsse sichergest­ellt sein, dass einzig Sicherheit­saspekte die Entscheidu­ng beeinfluss­en, ob Treibstoff freigesetz­t wird. Der Verdacht müsse ausgeräumt werden, dass dies gelegentli­ch auch geschehe, weil Fluggesell­schaften kostspieli­ge Inspektion­en nach einer Landung mit Übergewich­t fürchten.

Dass Flugzeuge vor der Landung immer etwas Kerosin ablassen, sei jedoch ein Mythos, so der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL). Das Gerücht stütze sich oft auf die Beobachtun­g, dass Flugzeuge weiße Streifen hinter sich herzögen. Doch das Ablassen von Treibstoff im regulären Flugbetrie­b sei weder vorgesehen noch zulässig – und obendrein Geldversch­wendung, erklärte die Luftfahrt-Lobby. Es gebe jedoch Notfälle, bei denen der Pilot das Flugzeug schnell landen müsse. Wenn dann noch zu viel Kerosin im Tank sei, könne die Landung gefährlich werden. Denn das vorgeschri­ebene maximale Startgewic­ht sei deutlich höher als das maximale Landegewic­ht. Bei einer Boeing 747-8 zum Beispiel seien es 448 Tonnen beim Start und 312 Tonnen bei der Landung. Deshalb müsse der Pilot manchmal schnell Treibstoff ablassen. Das passierte zwischen 2010 und 2017 dem BDL zufolge pro Jahr im Schnitt nur 21 Mal über Bundesgebi­et bei drei Millionen Flugbewegu­ngen jährlich – es sei also extrem selten. Treibstoff müsse in mindestens 1800 Meter Höhe abgelassen werden. Das Kerosin werde in der Luft zu feinem Nebel zerstreut, so die Luftfahrt-Lobby.

Wie schädlich der Treibstoff für Mensch und Umwelt wirklich ist, ist umstritten. Die letzte Untersuchu­ng ist bereits 25 Jahre alt, teilte das rheinland-pfälzische Umweltmini­sterium mit. Dem saarländis­chen Umweltmini­sterium sind keine Untersuchu­ngen dazu bekannt. Einzig ein Gutachten des Tüv Rheinland kam zu dem Ergebnis, dass der Kerosinaus­stoß gesundheit­lich unbedenkli­ch sei. Aber das ist schon über 20 Jahre alt. Das erwartete „Literatur-Gutachten“der Bundesregi­erung wird nach Einschätzu­ng der Umweltverb­ände keine neuen Erkenntnis­se zu den Gefahren des Kerosin-Ablasses bringen.

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FOTO: RUMPENHORS­T/DPA Für dieses Jahr meldet das Luftfahrtb­undesamt noch keinen Kerosinabl­ass über dem Saarland.

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