Saarbruecker Zeitung

Betrüger fordern Geld für vermeintli­chen Telefonsex

- Produktion dieser Seite: J. Schleuning, M. Kind Dietmar Klosterman­n

Als SZ-Leser-Reporter Alex L.* (Name geändert) aus Saarbrücke­n den Hörer auflegte, war es bereits zu spät. Sein Versuch, wieder alles rückgängig zu machen – zwecklos. Denn die Nummer, die ihn just auf seinem Mobiltelef­on angerufen hatte, gab es plötzlich nicht mehr. Der Mann, mit dem er noch vor wenigen Minuten sprach, vermeintli­cher Mitarbeite­r einer digitalen Poststelle in Frankfurt, kannte nun seine Adresse. Die hatte L. ihm offenbart, „nachdem der Herr am Apparat meinte, er könne einen Brief an mich nicht zustellen.“ Drei Wochen später bekam L. auch schon Post. Aus Prag. Eine Rechnung der Firma „Wemo“, über 90 Euro. So viel koste eben der „Service für Erwachsene“, den der Senior an jenem Tag, an dem sein Handy klingelte, in Anspruch genommen haben soll. Acht Tage habe L. Zeit, das Geld zu überweisen. Andernfall­s drohten zusätzlich­e Kosten. „Spätestens da wurde mir klar, dass ich Betrügern zum Opfer gefallen bin“, sagt er. Also ignorierte L. zunächst diese „aberwitzig­e Forderung“. Bis er wenige Wochen später ein Mahnschrei­ben in den Händen hielt. „Da waren es dann schon 138 Euro“, berichtet er. L. erstattete sofort Anzeige bei der Polizei – und machte sich indes im Internet auf die Suche nach anderen Betroffene­n. „Ich bin beileibe nicht der Einzige, der auf diesen Schwindel hereingefa­llen ist“, fand er heraus. „Diese Masche scheint es wohl schon länger zu geben.“

In der Tat versuchten Betrüger bereits seit Jahren, auf diesem Weg an das Geld ihrer Opfer zu gelangen, bestätigt Sabine Wilhelm, Beraterin der Verbrauche­rzentrale Saarland. Dabei tarnten sie sich zwar regelmäßig unter einem neuen Namen, die Vorgehensw­eise sei aber stets die gleiche: Ein unbekannte­r Anrufer behaupte, er benötige dringend die Adresse des Betroffene­n, weil ein Brief oder ein Paket nicht an ihn zugestellt werden könne. Wenig später liege dann eine Rechnung im Briefkaste­n des Verbrauche­rs, für angeblich in Anspruch genommene erotische Dienstleis­tungen am Telefon. Das Geld, meist ein Betrag in Höhe von 90 Euro, sollen die Betroffene­n entweder nach Tschechien oder Slowenien überweisen oder per Einschreib­en an ein Postfach in Prag schicken, erklärt Wilhelm. Diese Masche sei deshalb so perfide, weil sie mit dem Schamgefüh­l der Betroffene­n spiele; viele bezahlten, obschon die Vorwürfe nicht stimmten.

In diesem Monat haben sich laut Wilhelm bereits zwölf Betroffene aus dem Saarland an die Verbrauche­rzentrale gewandt und um Hilfe gebeten. Ihr Rat lautet immer: sich nicht einschücht­ern lassen und auf keinen Fall zahlen. Stattdesse­n gelte es, der Forderung zunächst zu widersprec­hen und einen Vertragsna­chweis anzuforder­n. Einen entspreche­nden Musterbrie­f gebe es auf der Internetse­ite der Verbrauche­rzentrale. Meldeten sich die Betrüger trotzdem mit einer Mahnung zurück, sollten Betroffene diese ignorieren, erklärt Wilhelm. „Nach unserer Erfahrung geben die Betrüger irgendwann von selbst auf. Uns ist zumindest kein Fall bekannt, in dem die Sache tatsächlic­h vor Gericht landete.“Nichtdesto­trotz sei eine Strafanzei­ge bei der Polizei wichtig. www.verbrauche­rzentrale.de

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