Klage wegen traumatischer Löscharbeit
Eine frühere Mitarbeiterin, deren Aufgabe es war, verstörende Bilder und Videos zu entfernen, verklagt Facebook.
Das soziale Netzwerk ignoriere seine Pflicht, für die Sicherheit dieser Mitarbeiter zu sorgen, hieß es in der Mitteilung der Anwälte weiter. Facebook greife beim Ausmisten seiner Plattform auf Zeitarbeiter zurück, die angesichts der schockierenden Inhalte irreparable traumatische Schäden während ihrer Arbeit erlitten.
„Wir prüfen die Behauptungen derzeit“, teilte Facebook in einer Stellungnahme mit. Der Konzern räumt in der Mitteilung ein, dass diese Arbeit in Löschzentren häufig schwierig sei. „Darum nehmen wir die Unterstützung unserer Moderatoren unglaublich ernst.“Die Mitarbeiter erhielten ein spezielles Training und man biete ihnen psychologische Hilfe an. Facebook-Angestellten stehe dies hausintern zur Verfügung, von Partnerfirmen würden ebenfalls entsprechende Maßnahmen verlangt. Über die Arbeitsbedingungen in Facebooks Löschzentren unter anderem in Asien hatte es bereits wiederholt negative Medienberichte gegeben.
Die Klägerin arbeitete den Anwälten zufolge ab Juni 2017 neun Monate im Auftrag einer Zeitarbeitsfirma für den Internet-Konzern. Später sei bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden. Die Kanzlei fordert unter anderem die Einrichtung eines Fonds für medizinische Tests und die Versorgung der Moderatoren.
„Wenn ich jemandem ersparen kann, dass er das sehen muss, finde
ich das sehr gut.“
Mitarbeiterin in Facebooks
Löschzentrum in Berlin
Die deutschen Löschzentren in Berlin und Essen betreibt Facebook ebenfalls nicht selbst. Der Konzern greift für diese Arbeit auf die Dienstleistungsfirmen CCC und Arvato zurück, die unter anderem Call-Center betreiben. Nach Kritik an den dortigen Arbeitsbedingungen gewährte Facebook im vergangenen Jahr einigen Journalisten Zugang zum Berliner Löschzentrum und betonte auch hier die Maßnahmen zur psychologischen Unterstützung.
Gespräche mit Mitarbeitern – in Anwesenheit von Facebook-Vertretern – zeichneten damals ein Bild von Menschen, die mit der Härte des Jobs zu kämpfen haben und zum Teil abstumpfen. „Ich weiß noch, das erste Enthauptungsvideo – da hab‘ ich dann ausgemacht, bin raus und hab erstmal ein wenig geheult“, erinnerte sich damals eine 28-jährige Mitarbeiterin. „Jetzt hat man sich so daran gewöhnt, es ist nicht mehr so schlimm.“
Einer der Vorgesetzten sagte damals auch, Mitarbeiter müssten sich selbst melden, um psychologische Betreuung zu bekommen. „Ich als Teamleiter weiß ja nicht, ob jemand Betreuung braucht oder nicht.“Zugleich arbeiten die Menschen in den Löschzentren mit dem Gefühl, andere vor Schaden zu bewahren: „Wenn ich durch meine Arbeit jemandem ersparen kann, dass er das sehen muss, dann finde ich das sehr gut“, erkärte eine der Frauen.