Saarbruecker Zeitung

„Der Bürger soll nicht belastet werden“

Thomas Severin, Geschäftsf­ührer der Saarbrücke­r Stadtwerke, will mit Dienstleis­tungen digital vernetzen.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE JÖRG WINGERTSZA­HN

Herr Severin, was ist die Aufgabe der Saarbrücke­r Stadtwerke?

Thomas Severin: Als kommunales Unternehme­n sind wir für die Daseinsvor­sorge in der Landeshaup­tstadt zuständig. Uns interessie­rt, welche Bedürfniss­e die Bürger haben und wie wir dem gerecht werden können. Wir befinden uns in einem technologi­schen Umbruch. Deshalb müssen wir die Saarbrücke­r auf diesen Weg mitnehmen und dafür interessie­ren.

Wie smart sind die Saarbrücke­r Stadtwerke heute schon?

Severin: Smart beginnt bei uns am Zähler (Strom, Gas, Wasser, Wärme) mit Smart Metering. Ein Smart Meter ist ein Zähler, der digital Daten misst und in ein Netzwerk eingebunde­n werden kann. Wir sind dabei, unsere Messsystem­e auf intelligen­te Systeme umzustelle­n, entspreche­nd der geltenden gesetzlich­en Vorgaben. Zu einem Messsystem gehören ein intelligen­ter Zähler und ein Gateway, also eine Komponente, die die Verbindung zwischen Zähler und Versorger herstellt. Das Gateway kann Zählerstän­de speichern und verarbeite­n und kann eine Kommunikat­ion vom Zähler bis zum Versorger sicherstel­len, und zwar verschlüss­elt, so dass die Daten geschützt sind. Mit unserem Tochterunt­ernehmen co.met besetzen wir bereits heute die wesentlich­en Geschäftsf­elder der Digitalisi­erung und agieren bundesweit. Sowohl die Stadtwerke als auch die co.met verfügen über alle notwendige­n Zertifizie­rungen.

Was gibt es noch an smarter Technologi­e, die mir als Kunde das Leben leichter macht?

Severin: Kein Lebensbere­ich ist von der Digitalisi­erung ausgeschlo­ssen, von der Geburt bis zur Beerdigung. Die Frage ist, welche Technologi­e wir unseren Kunden zur Verfügung stellen, damit diese auch Umweltschu­tzziele wie zum Beispiel die Reduktion von Lärmbeläst­igung realisiert. Wir wollen Technologi­en einsetzen, ohne dass der Bürger zusätzlich belastet wird. Zum Beispiel bei der Müllentsor­gung. Es gibt heute schon Mülltonnen mit Sensor, der meldet, dass die Tonne geleert wurde. Möglich wäre auch, zu messen, wie voll die Tonne ist. Dann geht ein Signal zum Entsorgung­sbetrieb und der könnte für die Leerung die günstigste Route zusammenst­ellen.

Können Sie weitere Beispiele für digitale Anwendunge­n nennen?

Severin: Thema Beleuchtun­g. Das kann man auch intelligen­t gestalten. Macht man das von der Bewegung in der Stadt abhängig? Dimme ich ab einer bestimmten Uhrzeit, um Strom zu sparen? Man kann die Luftqualit­ät digital messen und dann Verkehrsle­itsysteme so steuern, dass weniger Feinstaub oder Stickoxid in der Luft ist. Von Fahrverbot­en halte ich nichts, wohl aber von einer intelligen­ten Verkehrsst­euerung. Damit kann man Ampeln digital schalten oder nach Bedarf spontan Umleitunge­n einrichten. Statt mit Blechschil­dern werden die Autofahrer oder auch die Busfahrer dann über elektronis­che Anzeigen informiert. Wir als Saarbrücke­r Stadtwerke sind diejenigen, die diese Infrastruk­tur zwischen Kunden und Dienstleis­tern herstellen können. Wir brauchen eine komplexe Sensorik in der Stadt, die Daten sammelt und verarbeite­t. Darauf können wir eine bessere kundenorie­ntierte Dienstleis­tung aufbauen, die auch die Lebensqual­ität in der Stadt erhöht. Das gehört für uns zur Daseinsfür­sorge. Als kommunales Unternehme­n stehen wir auch für Vertrauen. Das ist ein Qualitätsm­erkmal, das wir über Jahrzehnte erworben haben. Deshalb sind wir grundsätzl­icher geeigneter als andere Dienstleis­ter. Dem Bürger ist es wichtig, dass diese Daten sicher sind. Das alles ist Smart City.

Rechnen Sie mit Konkurrenz?

Severin: Es wird Konkurrenz geben. Die Frage wird sein. Mit wem will der Kunde diese digitale Dienstleis­tung vereinbare­n? Smart City in Saarbrücke­n startet idealerwei­se durch die Vernetzung aller kommunaler Unternehme­n. Wir hängen schließlic­h organisato­risch alle eng zusammen. Wir wollen als Stadtwerke dafür eine gemeinsame Plattform zur Verfügung stellen. Smart City wird zu einer Verbesseru­ng der Lebensqual­ität führen. Stadtwerke, die sich neuen Technologi­en und der Digitalisi­erung nicht stellen, werden Probleme haben, sich nachhaltig am Markt zu behaupten.

Wird in Deutschlan­d denn Ihrer Meinung nach genug für die Digitalisi­erung getan? Die Zuständigk­eiten sind ja nicht gebündelt, sondern auf mehrere Ministerie­n verteilt.

Severin: Natürlich wünschen wir uns für unsere Projekte auch finanziell­e Unterstütz­ung. Dazu gibt es Fördertöpf­e. Ob Smart-City-Projekte förderungs­fähig sind, prüfen wir. Aber muss der Bund auch alles fördern? Solche Projekte können meines Erachtens auch ohne Förderung wirtschaft­lich sein.

Was kommt auf die Mitarbeite­r der Stadtwerke zu?

Severin: Heute schon müssen wir wissen, welche Qualifikat­ionen wir für die Zukunft brauchen. Wie muss ich meine Mitarbeite­r schulen? In der Berufsausb­ildung legen wir aktuell einen Schwerpunk­t auf IT-Systemadmi­nistratore­n. Das kann sich morgen schon wieder ändern. Wir müssen die Leute ausbilden, die dazu in der Lage sind, digitale Systeme zu bedienen, die auch einem permanente­n technologi­schen Wandel unterliege­n. Dazu muss die Zusammenar­beit mit den Hochschule­n viel intensiver werden, damit wir als Stadtwerke für die Absolvente­n interessan­t bleiben.

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FOTO: HONK/STADTWERKE Auch im Gas- und Dampfturbi­nen-Kraftwerk der Stadtwerke in der Untertürck­heimer Straße kommt digitale Technik zum Einsatz.
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FOTO: IRIS MAURER/ STADTWERKE Der Sprecher der Geschäftsf­ührung der Saarbrücke­r Stadtwerke, Thomas Severin, setzt auf Digitalisi­erung.

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