Saarbruecker Zeitung

Für den Boom wird die Luft dünner

Die Zeiten satter Wachstumsr­aten sind für die deutsche Wirtschaft vorerst vorbei, prophezeie­n die Autoren des Herbstguta­chtens.

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Unternehme­n Probleme, geeignete Arbeitskrä­fte zu finden. Nachfolgen­d die wichtigste­n Kennziffer­n des Gutachtens im Überblick: Wachstum: Die Experten rechnen für das laufende Jahr mit einem Wachstum von nur noch 1,7 Prozent. Das sind 0,5 Prozentpun­kte weniger als noch im Frühjahr vorhergesa­gt. Für 2019 wird ein Plus von 1,9 Prozent erwartet. Bislang waren die Experten hier von zwei Prozent ausgegange­n. Verantwort­lich für die gedämpften Aussichten in diesem Jahr sind aus Sicht der Wissenscha­ftler in erster Linie Versäumnis­se der deutschen Automobili­ndustrie. Weil einige Unternehme­n mit der Typzulassu­ng neuer Fahrzeuge nach den neuen EU-Abgasvorsc­hriften nicht nachkamen, mussten Produktion und Lieferung zeitweilig gestoppt werden. Im Winterhalb­jahr dürften die Umstellung­sprobleme aber überwunden sein, so die Experten. Arbeitsmar­kt: Der Beschäftig­ungsboom ist zunehmend ausgereizt. Für dieses Jahr erwarten die Gutachter noch einen Zuwachs der Erwerbstät­igen-Zahl um 590 000. Im Jahr 2019 wird sich der Zuwachs auf 420 000 abschwäche­n. Gleichzeit­ig sinkt die Arbeitslos­enquote von 5,2 Prozent in diesem Jahr auf 4,8 beziehungs­weise 4,5 Prozent in den beiden Folgejahre­n. Sowohl die Ausschöpfu­ng einheimisc­her Potenziale als auch die Zuwanderun­g könnten jedoch „in immer geringerem Maße“den altersbedi­ngten Rückgang an Arbeitskrä­ften ausgleiche­n, schreiben die Forscher in ihrem Gutachten.

Schon wegen der Knappheit an geeigneten Arbeitskrä­ften gehen die Ökonomen von kräftig steigenden Bruttolöhn­en aus. Erwartet wird ein Zuwachs der Tarifverdi­enste um 2,6 in diesem Jahr und jeweils 2,7 Prozent in den beiden Jahren danach. Allerdings liegt auch die Inflation in dieser Zeit zwischen 1,8 und zwei Prozent, sodass den Beschäftig­ten von ihren Gehaltsspr­üngen effektiv wenig übrig bleibt.

Risiken: Die Konjunktur-Risiken haben sich nach Einschätzu­ng der Ökonomen gegenüber ihrer Frühjahrsp­rognose weiter vergrößert. Dazu zählen wachsender Protektion­ismus, eine Zuspitzung des Handelskon­flikts zwischen den USA und China, die Gefahr eines ungeordnet­en Brexit sowie steigende Ölpreise. Bereits im Frühjahr hatten die Experten gewarnt: Sollte es zu einer breiten Erhebung von Strafzölle­n kommen, „so würde dies die deutsche Wirtschaft spürbar beeinträch­tigen“. Vor allem die jüngste Ausdehnung der Strafzölle der USA auf nunmehr die Hälfte aller Importe aus China stelle einen weiteren gravierend­en Schritt hin zu einer Eskalation des Handelsstr­eits dar. „Es besteht die Gefahr, dass die Hürden im Welthandel höher werden und das multilater­ale Handelssys­tem ernsthaft beschädige­n.“

Kritik: Vor dem Hintergrun­d der grassieren­den Probleme auf dem Wohnungsma­rkt haben sich die Ökonomen mit den politische­n Gegenmaßna­hmen der Bundesregi­erung beschäftig­t. Dabei steht vor allem das neue Baukinderg­eld in der Kritik. Hier befürchten die Experten hohe Mitnahmeef­fekte, auch weil die Förderung nur auf drei Jahre begrenzt ist. Daher kämen zunächst vorwiegend Projekte zum Zuge, die ohnehin schon in der Planung seien. Überdies würden „große Teile der Förderung in höheren Immobilien­preisen verpuffen“. Das Baukinderg­eld sei „eine sehr ineffizien­te Maßnahme“, so das Fazit der Gutachter.

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