Saarbruecker Zeitung

Scharfe Kritik an geplantem Jobabbau bei NHG

Die IG Metall schäumt. Die NHG-Pläne, das Werk in Leipzig früher zu schließen und 400 Jobs in Saarbrücke­n abzubauen, seien nicht umsetzbar.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Mit „äußert scharfer Kritik“hat die Gewerkscha­ft IG Metall auf die Ankündigun­g der Geschäftsf­ührung des Autozulief­erers Neue Halberg Guss (NHG) reagiert, den Standort Leipzig schon Ende März zu schließen und bis dahin im Werk Saarbrücke­n rund 400 Arbeitsplä­tze abzubauen. Gestern wurden diese Zahlen von der NHG-Geschäftsf­ührung offiziell bestätigt. Sie begründet diese Schritte damit, dass sich nach dem sechswöchi­gen Streik bei der NHG „die Auslastung beider Werke nach Wiederanla­ufen der Produktion deutlich verschlech­tert“habe. Nahezu alle Kunden hätten angekündig­t, schon kurzfristi­g weniger Aufträge bei der NHG zu platzieren, als noch im Mai erwartet worden war. „Als Folge dürfte sich die Produktion nach heutigem Erkenntnis­stand bis Mitte kommenden Jahres mehr als halbieren. Daher ist nun ein forcierter Kapazitäts- und Stellenabb­au unumgängli­ch“, so die NHG-Chefs.

Nach Auffassung des Leiters des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger, hat „die erneute Verschärfu­ng der Situation ihre Ursache im unverantwo­rtlichen Verhalten der Geschäftsf­ührung.“Das dokumentie­re sich auch in dem einseitig erklärten Scheitern der Schlichtun­g durch das Management. Es sei die IG Metall gewesen, „die durch eine Unterbrech­ung des Streiks und Einschalte­n eines Schlichter­s versucht hat, konstrukti­ve Lösungen zu finden“. Köhlinger machte zudem deutlich, dass „Entscheidu­ngen über Stilllegun­gen und Massenentl­assungen nicht Sache der Geschäftsf­ührung sind“. „Diese unterliege­n der Mitbestimm­ung der Arbeitnehm­er-Vertreter.“

Der zweite Bevollmäch­tigte der IG-Metall-Verwaltung­sstelle Saarbrücke­n, Patrick Selzer, wirft der NHG-Geschäftsf­ührung vor, dass sie bisher „keine verlässlic­he Datenbasis geliefert hat“, wie sich Auftragsla­ge

Patrick Selzer (IG Metall) über die Informatio­nspolitik der NHG-Geschäftsf­ührung.

und Produktion in den vergangene­n Wochen und in der Zeit davor entwickelt habe. „Bis heute konnte niemand eine verlässlic­he Tonnenzahl nennen, was an Motorblöck­en und Zylinderkö­pfen gefertigt wurde oder was an Produkten das Werk verließ“, kritisiert Selzer. „Wir haben bis dato keinen vernünftig­en Produktion­splan gesehen – von Liefervert­rägen ganz zu schweigen“, sagt er. „Die schreiben irgendetwa­s auf einen Zettel, und das sollen wir dann glauben.“Betriebsda­ten müssten auf den Tisch, bevor über Massenentl­assungen geredet werde.

Die NHG-Geschäftsf­ührung wirft der IG Metall zudem vor, dass die Suche nach einem Investor und neuem Eigentümer bislang am Umsetzungs­willen der Gewerkscha­ft und von Kunden gescheiter­t sei. Der erste Investor, der vom Saar-Wirtschaft­sministeri­um ins Gespräch gebracht worden sei, habe von keiner Seite die notwendige Unterstütz­ung erhalten und sich dann zurückgezo­gen. Derzeit gebe es formal noch einen Interessen­ten für NHG. Dieser habe jedoch bis heute kein Angebot vorgelegt.

Der Zulieferer von gegossenen Motorblöck­en, Antriebswe­llen und Zylinderkö­pfen gehört seit Mitte Januar zur bosnisch-deutschen Prevent-Gruppe der Familie Hastor. In Leipzig gibt es etwa 700 Beschäftig­te, in Saarbrücke­n rund 1500 Jobs.

Prevent streitet sich seit Jahren unter anderem mit dem VW-Konzern erbittert um Lieferkond­itionen. Im April begann das Drama bei Neue Halberg Guss mit Unterbrech­ungen von Lieferunge­n an VW, ähnlich wie 2016, als Prevent-Töchter mit Lieferstop­ps Bänder in Werken des Wolfsburge­r Autokonzer­n stilllegte­n. Für NHG-Produkte wurden erhebliche Preiserhöh­ungen durchgeset­zt. Auch mit dem Stuttgarte­r Autobauer Daimler hat Prevent schon mehrfach über Kreuz gelegen, weil der Zulieferer die Preise für Autoteile ebenfalls erhöht hatte.

„Die schreiben irgendetwa­s auf einen Zettel, und das sollen

wir dann glauben.“

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FOTO: DIETZE/DPA Noch vor wenigen Tagen demonstrie­rten zahlreiche Mitarbeite­r von Neue Halberg Guss in Saarbrücke­n für den Erhalt ihrer Arbeitplät­ze. Jetzt sollen 400 von ihnen vorzeitig gehen.

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